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Bodenkunde und Pflanzensoziologie

Rektoratsrede
gehalten am 15. November 1947 an der
Eidgenössischen Technischen Hochschule von
Prof. Dr. Hans Pallmann
Polygraphischer Verlag A.-G. Zürich • 1948

Einleitung

Kurz und bündig nannte Gott das Trockene «Erde». Es schieden sich Licht und Finsternis. Aus der Erde gingen auf: Gras und Kraut und fruchtbare Bäume; die Erde brachte hervor lebendige Tiere, wiederum jedes nach seiner Art. Dem Menschen schließlich ward allerlei Kraut gegeben zu seiner Speise. Und Gott sah, daß es gut war. So berichtet die Schöpfungsgeschichte!

Boden, Klima, Pflanze, Tier und Mensch, ein jedes in wundervoller Vielfalt. Unübersehbares tausendfältiges Zusammenspiel, kaum entwirrbares gegenseitiges Bedingen!

Was ist Boden? Sinnlose Frage für den guten Bauern! Boden ist die Voraussetzung seiner Existenz, seiner Mühen und seines Lohns, und unseres Lebens. Zu diesem Boden gehört das Weizenfeld, die farbenfrohe Wiese, er trägt und nährt den Wald, es breitet sich auf ihm die weite Steppe.

Bodenkunde und Pflanzensoziologie suchen nun in dieser Wunderwelt nach Sinn und Regel, nach Zusammenhängen. Je nach Veranlagung oder durch berufliches Gebot wird die Fragestellung rein praktisch, nach dem materiellen Nutzen, oder aber nach grundsätzlichem Erkennen ausgerichtet. So ist dem einen, um mit Schiller zu sprechen, die Wissenschaft «die hohe, die himmlische Göttin, dem andern eine tüchtige Kuh, die ihn mit Butter versorgt.»

Bodenkunde und Pflanzensoziologie sind zwei Wissensgebiete, die durch die Zusammenarbeit außerordentlich gewinnen. Beide erforschen komplexe Naturgebilde, die der exakten Zahl widerstehen. Die Notwendigkeit scharfer Begriffsumschreibung wird besonders wichtig, wo zahlreiche Kriterien zur Objektkennzeichnung verwendet werden. Je schärfer ein komplexes Studienobjekt begrifflich durchdacht und formuliert wird, umso klarer ergeben sich die der Forschung harrenden Probleme. Die stete Verfeinerung der Begriffe ist Voraussetzung für die Weiterentwicklung einer Wissenschaft, sie ist Vorbedingung für die klare theoretische und experimentelle

Stoffbehandlung und für die systematisierende Einordnung der mannigfachen und so überaus komplizierten Naturobjekte.

Erst durch die genaue Begriffsumschreibung wird ein Wissensgebiet mitteilbar. Es entsteht damit die Möglichkeit der Lehre, der fruchtbaren Diskussion und der konstruktiven Kritik.

Begriff "Boden"in naturwissenschaftlicher Betrachtung

Der Bodenkundler hat den Begriff «Boden» sehr weit zu fassen. Die aufgerauhte Oberfläche des Granitblockes ist für die darauf haftende Flechtengesellschaft bereits «Boden». Die submersen Lockersedimente der Seen und Meeresküsten sind von Mikroorganismen und Kleintieren bewohnt; auch sie sind für diese bereits «Boden». Der Bodenbegriff wird bei der Braunerde 1 unserer Äcker, den Bleicherdeböden 1 der subalpinen Nadelwälder zur Selbstverständlichkeit. Er greift aber weiter bis zum extremen, ziegelroten und ausgelaugten, und wieder langsam zum Gestein werdenden Lateritboden 1 der tropischen Savanne.

Welche Probleme beschäftigen den Bodenkundler?

Wenn die Bodenkunde Anspruch erhebt, als eigener Zweig der Naturwissenschaften zu gelten, dann darf sie sich nicht nur am schweren und wichtigen Wagen der Praxis einspannen lassen, sondern sie muß auch an der feinem Deichsel gehen, an der der reine, von bloßer Zwecklast unbeschwerte Forschungswagen rollt.

Die bodenkundlichen Probleme kann mau in verschiedene Kreise zusammenfassen:

1. Man frägt erstens nach den augenblicklichen Eigenschaften des in ständiger Umwandlung befindlichen Bodens: Azidität, Gründigkeit, Wasserregime, Luftführung, Durchwurzelungstiefe, nach Körnung u. a. m. Es ist dies der Kreis der statisch-analytischen Probleme, die auch die Praxis lebhaft interessieren.

2. Man frägt zweitens nach der Bodenbildung und den dabei beteiligten Reaktionen, die lebloses Gestein zum belebten Boden werden lassen. Es interessieren die Zusammenhänge zwischen Bodenbildung und Klima, Vegetation, Gestein, Relief, Hydrologie, Tieren, Menschen. Die Frage nach dem Entwicklungsziel steht im Vordergrund: welches Ziel wird dem Boden durch die Umwelt aufgezwungen? (pedogenetische Probleme).

3. Man frägt drittens nach der Zeit, in der ein bestimmter Boden gebildet wurde. Handelt es sich um fossile oder um rezente Böden? Wie rasch erfolgt die Bodenbildung oder all die übrigen Umwandlungen? (pedochronologische Probleme).

4. Ein vierter Problemkreis beschäftigt sich mit der Frage nach der Verteilung der verschiedenen Böden an der Erdoberfläche (pedogeographische Probleme).

Was erforscht die Pflanzensoziologie?

Die Florengeschichte erweist, daß der Artenschatz einer bestimmten Gegend Gewinne bucht und Verluste hat: Zuwanderung oft über ganze Kontinente, Auslöschung und Rückdrängung von Arten, die sich zu weit vorgewagt oder sich nicht mehr halten können. Aus dem Füllhorn streut nun die Natur — je nach Standort verschieden — ihre Pflanzenarten in bestimmter, charakteristischer Mischung aus. Der Soziologe bezeichnet sie als Pflanzengesellschaft. So besitzt der lichte subalpine Arven-Lärchenwald (Rhodoreto-Vaccinietum cembretosum) eine charakteristische Artenmischung, die gleich ist, ob er die Seen des Engadins umgürtle oder den Fuß des Aletschfirn säume.

Wie einfallsreich ist auch hier die Natur! Tausende kennzeichnender Vergesellschaftungen hat sie im grünen Teppich unserer Erde eingewoben oder den Gewässern anvertraut. Dem Pflanzensoziologen öffnet sich ein reiches Arbeitsfeld. Wo liegen seine Probleme?

1. Zunächst gilt es, eine Artenmischung als charakteristisch zu erkennen. Es ist das Feingefühl des berufenen Soziologen, das ihn führt. Hierauf liefert die floristische und statistische Analyse den Beweis. Durch diese wird das sog. Gesellschaftsgefüge ergründet: die Artenliste, die Artenverteilung, die Schichtung

der Arten im Raum, 2 Gedeihen und Periodizität im Ablauf der Jahreszeiten.

2. Der zweite Problemkreis gilt dem floristisch-statistischen Vergleich der verschiedenen Gesellschaften untereinander. Der Soziologe erkennt den Verwandtschaftsgrad, er vereinigt Verwandtes zu höhern Komplexen und trennt Komplexes in niedere Einheiten auf. Die grundlegende soziologische Einheit ist die Pflanzenassoziation. Verwandte Assoziationen werden im soziologischen Verband gesammelt, verwandte Verbände gehen in die soziologische Ordnung ein, und diese vereinigt man zu Klassen. Doch auch die Assoziation enthält oft faßbare Untereinheiten. Subassoziationen und gar Fazies.

Man verdankt hauptsächlich der von Schröter und Braun-Blanquet begründeten Zürich-Montpellierschule die international anerkannten soziologischen Arbeitsmethoden, eine imposante Inventur der Gesellschaften und deren Klassifikation. Der Pflanzensoziologe vermag floristisch eine Großzahl von Pflanzengesellschaften zu erkennen und auch eindeutig in einem System zu ordnen.

3. Ein weiterer Problemkreis umschließt das Studium des Gesellschaftshaushaltes, der Gesellschaftsökologie. Den Abhängigkeitsbeziehungen der Gesellschaft von der Umwelt wird hier nachgespürt. Der Bodenkundler hat sich hier miteingeschaltet.

4. Mit der Gesellschaftsökologie ist die Gesellschaftsentwicklung sehr eng verbunden. Das Werden und Vergehen der Gesellschaften beschäftigt die Sukzessionsforschung. Wegen der vielen engen Parallelen zwischen Bodenbildung und Vegetationsentwicklung wird auch hier der Bodenkundler zur Mitarbeit berufen sein.

5. Es bleibt noch ein letzter Problemkreis zu erwähnen, der sich mit der Gesellschaftsverbreitung befaßt. Auch hier ist der Bodenkundler interessierter Anteilnehmer, weiß er doch um den Zeigerwert der Gesellschaften: sie sind Indikatoren für den Standort und spezieller für den Boden.

Klassifikatorische Ordnung der Böden

Die Bodenbildung richtet sich nach dein Klima, nach dem Gestein, nach der Vegetation, nach dein Relief, nach der Hydrologie, den Tieren, den Menschen und nach der Zeit.

Diese allgemeine Formel zeigt eine Fülle sehr komplexer Faktoren, durch deren Zusammenwirken die Bodenbildung nach bestimmten Zielen gelenkt wird, und die auch die Bodenbildungsgeschwindigkeit bestimmen.

Welche Spielweite steckt doch in jedem dieser Faktoren?

Klima: Schneeklimate bis zu den feuchtheißen Tropenklimaten;

Gestein: Quarzite, Silikatgesteine bis extreme Karbonate;

Vegetation: Primitive Flechtenvereine bis zum üppigen Regenurwald;

Relief: Erodierte Kreten, Hänge, bis zu tiefen Aufschüttungsmulden;

Hydrologie: Submerse Senken bis zum perariden Wüstenberg;

Zeit: Rezente Flußalluvionen bis zum fossilen alten Boden;

Mensch: Unberührte jungfräuliche Erde bis zum tiefrigolten Acker.

Die kaum entwirrbare Wechselwirkung der vielen unter sich noch auswechselbaren Komplexfaktoren führt zu einer ungeheuren Mannigfaltigkeit der Böden. Es gilt nun, diese aufzuteilen und zu ordnen.

In der Bodenkunde fehlt es nicht an Klassifikationsversuchen; was aber fehlte, war die Wägung der benutzten systematischen Kriterien, die deutliche Scheidung dieser Kriterien nach ihrem systematischen Gewicht. Auch wurden allzuoft bodenfremde Klassifikationsmerkmale beigezogen (Klima, Gestein, Hydrologie, Vegetation usw.).

Seit einigen Jahren beschäftigt uns hier in Zürich dies Problem. Das Prinzip unserer Klassifikation soll in aller Kürze erörtert werden.

Für die systematische Überprüfung stellt man vereinfachend und abstrahierend fest:

a) der Boden ist ein polydisperses Filter;

b) im Bodenfilter perkolieren (zirkulieren) Verwitterungs- und Humifizierungsprodukte (Perkolate);

e) Bodenfilter und Perkolate bilden das kennzeichnende Perkolationssystem.

Das Perkolationssystem wird nun gekennzeichnet:

1. durch die Richtung des Perkolationsstromes in der zeitlichen Resultante;

2. durch den chemischen Charakter des Filtergerüstes;

3. durch die chemische und physikalisch-chemische Eigenart des kennzeichnenden Perkolates;

4. durch das Ausmaß der perkolationsbedingten Profilgliederung, also durch den genetischen Entwicklungszustand des Bodens.

Die höchste Einheit — die Bodenklasse — ergibt sich aus der hauptsächlichsten Perkolationsrichtung, die Bodenordnungen werden durch den Bauschchemismus des gesamten Filters, der Bodenverband durch den speziellen Chemismus des anorganischen Filteranteils bestimmt. Der Bodentypus, die grundlegende Einheit der Bodenklassifizierung, ergibt sich aus dem kennzeichnenden Perkolat.

In diesen bodeneigenen Kriterien der höhern Systemseinheiten sind implizite die Einflüsse des Klimas, des Gesteins, der Hydrologie und auch der Vegetation eingeschlossen.

Dem Bodentypus untergeordnet sind die genetisch verwandten, aber in der Entwicklungsstufe verschiedenen Untertypen, und diese wiederum werden auf Grund der örtlichen Besonderheiten des Profils in viele Bodenvarietäten (Ortsböden) aufgeteilt.

Dem Untertypus und der Bodenvarietät gilt ganz besonders das Interesse des Land- und Forstwirts und auch des Pflanzensoziologen. In ihnen stecken die Einflüsse der Orographie, des Reliefs, des Lokalklimas, der speziellen Vegetation und des lokalen Gesteins.

Das Entwicklungsprinzip in Bodenkunde und Pflanzensoziologie

Vegetation und Boden entwickeln sich nach ganz bestimmten Zielen. Am Anfang ist der harte glatte Fels. Das Wetter rauht ihn auf. Verschwenderisch streut der Wind die Keime. Die Erstbesiedelung erfolgt, und nur was wirklich anspruchslos, hat Aussicht auf Bestand, das übrige wird rücksichtslos vertilgt. Bakterien, Pilze, Algen, Flechten, Moose erkämpfen sich in auserlesener, charakteristischer Artenmischung ihr Wohn- und Lebensrecht.

Frost und Hitze zermürben das Gestein nun immer weiter und schaffen der Verwitterung stets neue Angriffsflächen. Das Wasser dringt in all die Risse ein und löst dort aus dem Mineralverband, was löslich ist. Oxydationen setzen ein. Das Wasser bricht die Silikate hydrolytisch auf. Das Gestein verwittert chemisch umso rascher, je ausgedehnter die Angriffsoberflächen sind. Die Wasserhaltung wird in der gelockerten Verwitterungsrinde besser. Aus den Organismenleichen entsteht der Humus. Der Boden reift.

Die Erstbesiedler fühlen sich allmählich fremd, der alte Wohnraum, den sie sich erkämpften, hat sich verändert, und neue Pflanzen kommen auf, die den neuen Wettbewerb um Luft und Bodenraum bestehen und was vorher war, nun rücksichtslos verdrängen und bedecken.

So wirkt die Zeit, die Entwicklung steht nie still. Aus dem Fels wird schließlich Erde. Was früher tot — wir meinen das Gestein — wird nun belebt, der Boden. Es lebt in ihm, und es lebt auf ihm.

Zwischen dem Fels und einer lockern, tiefgründigen Waldbraunerde liegen alle Übergänge; desgleichen führt eine lange Kette von den niedern Felsbesiedlern zum hohen schönen Wald.

In der Entwicklungsreihe der Vegetation finden sich nun kennzeichnende Entwicklungsglieder, die Pflanzenassoziationen; die steten Übergänge werden durch ihre gegenseitigen Durchdringungsräume dargestellt. Jede Entwicklungsreihe der Vegetation hat ein Ziel, und dieses Ziel wird in einer bestimmten Gegend vorwiegend durch das Groß-Klima festgelegt.

Am Fuß der Nordabdachung der Alpen dehnt sich bis gegen

1200 m das Zielgebiet des Buchenwaldes (Fagetum)3. Im Talboden des Oberengadins geht die Entwicklung zum Alpenrosen-Arven-Lärchenwald (Rhodoreto-Vaccinietum). Jedes klimatisch einheitliche Gebiet hat sein eigenes Ziel und dieses Ziel nennt der Pflanzensoziologe Klimax. Die ganze Reihe heißt er Serie.

Vom hohen Norden bis zu den warmen Tropenzonen, vom tiefen Tal bis zu den Schneegipfeln finden sich die verschiedensten Kumaxgebiete, bestimmt nach Klima und nach dem Grundstock der florengeschichtlich begründeten Artenvielfalt.

Viele Wege führen nach Rom, und viele Vegetationsserien führen zum gleichen Ziel. Je reicher die Florenmischung, je bunter die petrographischen Verhältnisse, je gegliederter das Relief und je variabler die Lokalklimate und die hydrologischen Gegebenheiten einer großklimatisch einheitlichen Gegend, umso vielfältiger ist auch die Schar der zum gleichen Ziel führenden Entwicklungsserien.

Parallel der Vegetationsentwicklung läuft nun auch die Bodenbildung. Nur liegen hier die Verhältnisse noch reichlich komplizierter. Das Entwicklungsziel wird hei den Böden nicht mehr allein durch das Klima abgesteckt, denn das bodenbildende Gestein spricht oft sehr deutlich mit. Die Bodenklimax ist z. B. auf Karbonat- und Silikatgesteinen oft sehr verschieden, obwohl sie die gleiche Vegetationsklimax tragen und ernähren.

Die Bodenserie startet beim Rohboden, sie geht allmählich über sogenannte unreife Serienglieder zum reifen Boden über, der die Typenkennzeichen am deutlichsten widerspiegelt; die Entwicklung geht aber oft noch darüber hinaus, und es beschließen Böden die Entwicklungsserie, die schon deutlich andere, fremde Typenmerkmale aufweisen können; es sind dies die sogenannten degradierten Serienglieder. Die Braunerde podsoliert, sagt man, oder die Rendzinen verbraunen.

Im ganzen Umwandlungsgeschehen herrscht nun aber nicht nur Progression (Umbildung in Richtung zur Reife); es gibt neben dem Vorwärts- auch ein Rückwärtsgehen. Regressiv wandelt sich die Vegetation und auch der Boden aus dem Zustand höherer Entwicklung

nach tiefern Stufen, nach der Jugend um. Das Vorwärtsschreiten geschieht meist langsam, und ohne Sprünge erfolgt die Reifung. Zur Bildung des reifen Podsolbodens braucht es gut eintausend Jahre. Viel rascher ist der gleiche Podsolboden wiederum zerstört und auf dem Entwicklungswege weit gegen den Ausgangspunkt zurückgeworfen. Meist sind es Katastrophen, die Vegetation und Boden rückwärts verjüngen: Rutschung steiler Hänge, Erosion der obern Bodenschichten, Aufschüttung von rohem Bodenmaterial am Hangfuß oder in Mulden. Die Katastrophe braucht nicht einmal so weit zu gehen: Das Weidevieh dringt in den Arven-Lärchenwald zum Beispiel, die Sträucher leiden unter seinem Tritt. Der zarte Jungbaum wird vernichtet, und langsam stellt sich statt den Sträuchern und den humusbildenden Moosen eine Kraut- und Grasflora ein, die nun den Start für den raschen Abbau der sauren, mächtigen Humushorizonte auslöst. Mit dem Verschwinden der extremsauren Humusdecken wird die biologische Bodentätigkeit erhöht, Bodentiere ziehen ein und beginnen die untern mit den obern Bodenhorizonten durchzumischen. Diese Mischung wirkt sich nun wiederum auf die übrigen Bodeneigenschaften aus: sie führt zur Entsäuerung, zur Änderung der Nährstoffverteilung, sie beeinflußt das Bodengefüge usw.

Düngung, Mahd, Entwässerung und Kolmatierung: alle Kulturmaßnahmen wirken zurück auf das System Pflanze, Pflanzengesellschaften und Boden.

Die Klimaxvegetation und die Klimaxböden beherrschen eine bestimmte Gegend umso stärker:

je länger das heutige Klima bestand und wirken konnte,

je ausgeglichener das Relief,

je bunter gemischt der Mineralbestand des bodenbildenden Gesteins und

je kleiner die Störung des natürlichen Systems durch Eingriffe des Menschen.

Die Reifungsgeschwindigkeit ist im Idealfall umso größer, je größer der Abstand von der Klimax ist. Im Ziele selbst, im Klimaxzustand, steht die Umbildung scheinbar still, doch ist es im ewigen Wandel nur ein kurzes Verschnaufen, eine Atempause.

Vegetation und Boden bleiben aber oft trotz des ihnen innewohnenden Umwandlungsbestrebens im Stadium der Unreife hängen. Es gibt viele Bremsfaktoren, die den Reifungsablauf hemmen:

dauernde Erosion und Aufschüttung, periodische Überflutung, hoher Grundwasserstand, ständige Zufuhr physiologisch und chemisch wirksamer Stoffe, oder allgemein fast alle landwirtschaftlichen Kulturmaßnahmen.

Pflanzengesellschaft, Standort, Biochore

Jede Pflanzengesellschaft ist eine Lebensgemeinschaft mit ihren Ansprüchen und Fähigkeiten, voller Kampf und Wettbewerb. Jede natürliche Assoziation findet sich an ihrem Standort, sie verbindet sich mit ihm zur höhern Einheit, zum Lebensraum, zur Biochore.

Was heißt Standort? Es ist dies wiederum ein Komplexbegriff, in dem Boden (im weitesten Sinn) und Klima stecken. Boden, Pflanzen und Klima! ein oft gehörter Dreiklang:

Tropisches wechselfeuchtes Savannenklima —
Savannensteppe —
Ziegelrote Lateritböden.
Feuchttemperiertes Klima gemäßigter Breiten —
Sommergrüner Laubwald —
Fruchtbare Braunerden.
Winterkaltes Kontinentalklima —
Gramineensteppe —
Dunkle Tschernosemböden.

Diese großen Zonen sind kleinklimatisch, pflanzensoziologisch und auch bodenkundlich reich gegliedert: hier setzt die Detailforschung ein.

Die Standortskunde steht noch reichlich in den Anfängen. Es fehlt ihr vielfach an klar umschriebenen Begriffen und an geeigneten Arbeitsmethoden. Man spricht von den Standortsfaktoren und teilt sie ordnend ein in:

1. Klimafaktoren, 2. Bodenfaktoren, 3. Relieffaktoren, 4. Biofaktoren.

Eine Vielfalt, die der Forscher wohl nie vollständig kennt und bändigt! Warum? Weil es das Leben ist, das hinter allen diesen Problemen steckt. Weil nicht der isoliert faßbare Einzelfaktor ausschlaggebend ist, sondern das Zusammenspiel, die bunte Interferenz aller Faktoren zusammen. Weil viele Faktoren ihr Gewicht

und ihre Bedeutung je nach der Jahreszeit und nach der übrigen Faktorenkonstellation verschieben. Die Möglichkeit des Faktorenersatzes schafft weitere Komplikationen.

Der Standortsbegriff wird sehr oft mißdeutet. Der Standort läßt sich einem Gasthaus vergleichen, das ein Gasthaus bleibt, wenn auch momentan die Gäste fehlen. So kann ein Standort kahl sein oder vegetationsbestanden.

Man denke an die Kriegsjahre, wo unter dem Zwang des landwirtschaftlichen Mehranbaus Wälder fallen mußten. Ein schöner Eichen-Hagenbuchenwald ließ beispielsweise sein Leben, sein Standort blieb in der allerersten Zeit potentiell bestehen: die Braunerde blieb, das Großklima blieb, es blieb auch die spezielle Ausformung des kleinen Fleckleins Erde. Der Standort des Laubmischwaldes blieb. und bei künftiger Aufforstung hält es leicht, den standortsgemäßen Waldbestand anzugeben und neu zu gründen.

Die Standortsuntersuchung stellt vorwiegend auf die Boden- und Klimaanalyse ab:

Bodentyp, Untertyp und Varietät;
Bodentiefe, Grundwasserstand und seine Schwankung;
Körnung: ob Sand, ob Ton;
Gefüge: ob Einzelkornstruktur oder lockeres Aggregatgefüge;
Möglichkeit des Gasaustausches;
Wasserbindung; Azidität; Humusanteil, Humusform;
Salzgehalt; Nährstoffgehalte und Nährstoffbindung (K, P. N und all die vielen
Spurenelemente)
und eine lange Reihe weiterer Bodenfaktoren.

Spezielle Klimauntersuchungen gehören weiter zur Standortsanalyse.

Der Standort wird natürlich besiedelt, oder der Land- und Forstwirt bestimmen seine Pflanzendecke. Der Grad des Angepaßtseins von Vegetation und Standort, die innere Harmonie des Lebensraumes, wird gemessen: an der Wuchsfreudigkeit der Vegetation, an der Leichtigkeit ihrer natürlichen Verjüngung, an der Stabilität der Artenmischung, am nachhaltigen Ertrag, an der Resistenz gegen Krankheiten, gegen Windwurf und Schneedruck, am Widerstand des Bodens gegen jede Umbildung.

Ist diese Harmonie verwirklicht, dann sprechen wir von standortsgemäßer Vegetation; ist sie nicht vorhanden, dann ist die Pflanzendecke standortsfremd.

Natürliche Pflanzengesellschaften sind in der Regel an ihrem Wuchsort standortsgemäß. Ihre Biochore, ihr spezieller Lebensraum befindet sich scheinbar in einem dynamischen Gleichgewicht und man kann nun praktisch mit viel Vorsicht und Erfahrung von einem der Systemsanteile auf den andern schließen: von der Vegetation auf den Standort, spezieller auf den Boden oder gar auf bestimmte dominante Boden- und Klimafaktoren.

Jede natürliche oder standortsangepaßte anthropogene Pflanzenassoziation besitzt ihren individuellen Zeigerwert. Der Standortskundler halte sich aber immer und immer wieder die Interferenzmöglichkeiten, den Faktorenersatz, die Verschiebbarkeit der Faktorengewichte und die heutige Unkenntnis weiterer, noch nicht entdeckter Standortsfaktoren vor Augen.

Es ist ein reizvolles wissenschaftliches Unterfangen, diesem komplizierten Zusammenspiel nachzuspüren, und auch der praktische Gewinn ist groß.

Pflanzengesellschaften als Standortszeiger.

Bei der Diskussion der Zeiger- und Indikatorwerte von Pflanzenarten oder Assoziationen hat man zwei Hauptfragen aufzuwerfen:

1. die Frage nach der aufgezeigten Eigenschaft des Standorts oder der gesamten Biochore;

2. die Frage nach der Indikatorschärfe: wie exakt wird indiziert? Oft werden integrale Eigenschaften des speziellen Lebensraumes angezeigt:

a) Bodentyp bis hinunter zur Bodenvarietät;

b) physiologisch besonders wichtige Bodenhorizonte.

Viele Standortskundler greifen aber sehr gern zum zahlenmäßig feststellbaren sogenannten Einzelfaktor:

Man mißt: das Temperatur- und Niederschlagsregime,

extreme Temperaturen,

pH-Wert (Maß für die Azidität des Bodens),

Karbonatgehalt, Tonanteil, usw.

und vergißt nur zu oft, daß hinter der einfachen Zahl oft ganze Ketten von Abhängigkeiten existieren.

So deutet in Wirklichkeit ein tiefer pH-Wert, d. h. eine hohe Azidität des Bodens, nicht nur auf Reichtum an Wasserstoffionen. sondern er deutet indirekt:

auf Armut an wichtigen Nährstoffkationen,

auf Resorptionshemmung der Phosphorsäure, auf unterbundene Nitratbildung. auf Fehlen an kräftigen Flockungsmitteln:

daher vielfach auf Einzelkornzerteilung und Dichtsackung des Bodens, damit verbunden auf hohe Wasserhaltung, oft Vernässung und gebremsten Gasaustausch,

auf herabgesetzte Aktivität der Mikroorganismen und der Bodentiere,

auf geringen Umsatz der organischen Substanzen,

auf Anhäufung von Sauerhumushorizonten, usw. usw.

Ähnliche Abhängigkeitsketten finden sich bei den meisten übrigen sogenannten Einzelfaktoren.

Es bleibt ein Hauptproblem, die entscheidenden Faktoren neben den mindergewichtigen zu erkennen. So ist beispielsweise bei den fetten Goldhaferwiesen der subalpinen Stufe der allgemeine Nährstoffpegel wichtiger als Azidität und Körnung des Bodens. Falls man auf letztere abstellt, trifft man eben «daneben».

Jeder Faktor zeigt nun bei der statistischen Auswertung eine kleinere oder größere Schwankung. Am kleinsten ist sie bei den Hauptfaktoren!

Die Schwankung des Faktorenwertes ist

a) auf die Ersetzbarkeit des Faktors A durch korrespondierende Faktoren,

b) auf die der Pflanze und der Gesellschaft innewohnende Toleranz, auf ihr natürliches Anpassungsvermögen zurückzuführen, Eigenschaften, die wir kaum je exakt durchschauen.

Aus den Forschungen der letzten Jahre lassen sich heute einige wichtige Regeln ableiten:

1. Eine außerhalb ihrer soziologischen Gemeinschaft wachsende Pflanzenart hat stets die weitere standörtliche Amplitude als ihre entsprechende Pflanzengesellschaft. Eine Pflanzengesellschaft indiziert den Standort schärfer als irgend eine ihrer isolierten Pflanzenarten.

2. Die sogenannten gesellschaftstreuen Pflanzenarten, deren Vorkommen sich in der Regel auf eine Assoziation beschränkt, zeigen die größte Indikatorschärfe unter all den Einzelarten, diese reicht bisweilen fast an jene der Gesellschaft selbst.

3. Die schärfste Indikation von dominanten Einzelfaktoren zeigt sich meist bei Pflanzengesellschaften am Anfang der Sukzessionsreihen, wo die Standortsbedingungen am extremsten sind. Im Klimaxgebiet sind Faktorenvielfalt, Faktorenersatz und Faktoreninterferenz am größten. Der Einzelfaktor tritt am stärksten hinter die Ganzheit (Boden und Klima) zurück.

4. Die niedersten pflanzensoziologischen Einheiten (Assoziationen, Subassoziationen und Fazies) haben den höchsten Zeigerwert mit feinster Indikation. Sie sind fur den Praktiker besonders interessant. Die floristische Spezialisierung geht der standörtlichen meist parallel. Je höher die systematische Einheit, Verband oder Ordnung oder gar Klasse, umso höher steigt man bei der Vogelschaubetrachtung über die Objekte. Nur noch die großen Linien zeigen sich, herrschender Großklimacharakter und Bodenserien, 4 die Feinheiten gehen im Größern verloren.

Es sollen nun zur Verdeutlichung des Gesagten einige Beispiele über die Standortsindikation der Pflanzengesellschaften gegeben werden. Wenn man den indizierten Standortsfaktor dann mit einem kurzen Wort bezeichnet, so ist dort nie zu übersehen, daß es ein Stichwort ist, hinter dein unausgesprochen eine Fülle anderer, weiterer Dinge steht.

Pflanzengesellschaften als Klimazeiger sind altbekannt. Man denke an die Halfasteppe im Vorland der Wüste, an die Gramineesteppen des Steppenklimagürtels, z. B. in der Krim oder in der Ukraine, an den frischen Laubmischwald des Schweizerischen Mittellandes, an die nordischen Nadelwälder und die Zwergstrauch-Tundren hoher Breiten.

Wer mit dem Ballon ruhig die Alpen überquert, der sieht den Laubwald sich in den Talgrund schmiegen, er erkennt darüber das dunkle, durch Lawinenzüge unterbrochene Band des subalpinen

Nadelwaldes, über diesem dann den hellem Saum der niederwüchsigen Urwiesen, die nach oben ausgefranst und in Flecken aufgelöst in die Gesteinsöde ausklingen, wo nur noch das Grau und die matten Farben der Kryptogamenvereine das Gestein und die Rohböden überziehen.

Erstaunlicher wird die Indikation viel feinerer Klima- und damit auch Bodenzonenunterschiede, wenn man in die Details geht. Der Jura gehört, abgesehen von wenigen Hochlagen, fast völlig zur montanen Stufe. Die im äußern Aspekt so monotonen Buchenwälder bedecken ihn. Diese von weitem anscheinend einheitliche Buchenwaldstufe wird nun durch die verschiedenen Buchenwaldassoziationen und deren soziologischen Untereinheiten sehr fein in eigentliche Höhenstufen gegliedert und diese Gliederung trifft auch auf die Böden zu.

Ähnliche Beispiele lassen sich aus den verschiedensten Gebieten der Erde finden, wo aus der Verteilung der Einzelarten nichts erhellt, aus der Verbreitung der Gesellschaften sich aber feine klimatische Unterschiede feststellen lassen.

Pflanzengesellschaften als Zeiger des Wasserregimes des Bodens gibt es die Fülle! Sphagnumassoziationen zeigen nasses Hochmoor an; die Schwarzerlen-Seggenwälder 5 stocken auf Böden, deren stagnierendes Wasser dauernd fast zur Oberfläche geht; die Böden der Bach-Eschenwälder 6 in den Talrinnen unserer Molasse-Hügel sind dauernd frisch, von Zeit zu Zeit mit sauerstoffhaltigem Wasser überreich gesegnet, der Wasserspiegel schwankt aber stark; der Eichen-Hagebuchenwald 7 dagegen will seine Wurzeln nie im Wasser stehen haben.

Groß ist die Zahl der Pflanzengesellschaften, die den Grad der Bodenversauerung mit allen Gefolgeeigenschaften anzeigen. Am deutlichsten und klarsten wird auch hier die Indikation, wenn Böden und Gesellschaften derselben Sukzessionsserie verglichen werden. In der gleichen Serie, also unter homologen Boden- und Vegetationsgliedern, treten oft zahlreiche Faktoren als Quasikonstanten

auf, und die dominierenden Standortsfaktoren lassen sich leichter erkennen. So sind in der Serie der montanen Laubmischwälder oder der subalpinen Föhren-Ericawälder die Beziehungen zwischen Säuregrad des Bodens und Pflanzensubassoziation besonders augenfällig.

Pflanzengesellschaften und Nährstoffzustand des Bodens.

Wenn der Bodenkundler die Borstgrasweiden 8 in den Alpen sieht, dann braucht er nicht zur Retorte zu greifen, um zu wissen, daß hier Kali und Phosphor und auch die meisten übrigen Nährstoffe fehlen. Im Gegensatz zeigt die komplexe Assoziation der Goldhaferwiesen 9 beste Versorgung an Kali und Phosphor, meist auch an Stickstoff an. Die Lägerflora rings um die Alphütten zeigt auch dem Laien einen Ort verschwenderischer Überfülle von Stickstoff und Kali au.

Pflanzengesellschaften in ihrer Abhängigkeit vom Versalzungsgrad der Böden anderer Klimagebiete sind gut untersucht. So kommt die Gesellschaft a (Beispiel aus der Camargue) nur auf, wenn im Sommer der Salzgehalt (Kochsalz und Sulfate) des Bodens einen bestimmten Wert nicht übersteigt. So gliedert sich die Vegetation nach dem Salzgehalt recht deutlich, und man kann bei der Kultivierung solcher Länder ungeeignete Böden rasch von bessern unterscheiden, In der weiten Ebene von Habra im westlichen Algerien beispielsweise wird der Kulturplan der Bewässerungsgebiete ganz nach dem Salzgehalt des Bodens und des Bewässerungswassers ausgerichtet. Es stocken dort auf salzführenden Böden (1,5-2g im Liter Bodenwasser) prächtige graue Oliven; dicht daneben, wo der Boden salzärmer ist, gedeihen Zitronen und Orangen.

Viele Pflanzengesellschaften deuten — auch hier wieder besonders deutlich im gleichen Seriengebiet — auf Verschiedenheit in der Körnung des Bodens: wo beispielsweise in den Auenwäldern der Flußgebiete die «Salix-incana-Hypophae-Assoziation» vorkommt, da wurde seinerzeit vom Fluß Kies mit Grobsand aufgeschüttet; die Schwesterassoziation von «Salix alba und Salix triandra» stockt

nur dort, wo feineres Schlick- und Sandmaterial aus dem trägern Wasser abgeschieden wurde.

So ließen sich die Beispiele leicht vermehren. Diese Assoziation zeigt Rohböden an, jene stockt nur auf reifen Seriengliedern und die dritte reserviert sich degradierte Böden. Es gibt Gesellschaften, die Flachgründigkeit anzeigen, andere wieder, die nur auf tiefen Böden wachsen; die eine zeigt uns Böden an, die biologisch träg sind, die: andere läßt uns Böden finden, in denen Bodentiere, Bakterien, Pilze fleißig wirken.

Über den Nutzen einer engen Zusammenarbeit von Pflanzensoziologen mit Bodenkundlern

Abschließend soll vom Nutzen der Rede sein, der aus der Zusammenarbeit der beiden jungen Wissensgebiete kommt: vom rein wissenschaftlichen und auch vom praktischen Nutzen! Nicht jede bodenkundliche Forschung braucht die Mitarbeit des Soziologen, und auch die Pflanzensoziologie besitzt Probleme, die sie ohne Bodenkunde lösen wird. Und doch ist das Kontaktgebiet mit Vorteil zu erweitern.

a) Die Bodenreifung verläuft nicht sprunghaft. In einem klimatisch bestimmten Bodengebiet finden sich die Böden mit all ihren steten Übergängen. In dieser steten Reihe markieren nun die definierten Pflanzenassoziationen und ihre Untereinheiten nicht nur die Haltepunkte der Vegetationsentwicklung, sondern auch des Standorts und der Böden.

Die Bodenuntersuchung, die Standortsforschung hat an diesen Stellen einzusetzen. In der allgemeinen Formel «die Bodenbildung ist abhängig vom Klima, von der Vegetation, vom Gestein, usw.» wird der Faktor «Vegetation» am schärfsten durch die Gesellschaften definiert und angegeben.

b) Die Kartographie der Böden und die Planung in Land- und Forstwirtschaft werden erleichtert und beschleunigt, wenn man den Zeigerwert der Assoziationen sich zu Nutze macht. «Les associations végétales sont la seule expression tangible du milieu

tout entier», unter «milieu» wird der Standort, das allgemeine und örtliche Klima, samt dem Boden verstanden.

e) Das vertiefte Studium der Bodenbildung selbst, der komplizierten Reaktionen und Mechanismen, die das Gestein und die Humusbildner zum Boden werden lassen, und die auch das Profil in seine Horizonte scheiden, soll sich vor allem auf Böden beziehen, die auch mit ihrer Vegetation im Einklang stehen. Dasselbe gilt für die Erforschung weiterer Probleme: Probleme der Humusmorphologie, der biologischen Bodenaktivität, des Bodengefüges. Die allgemeine Bodensystematik hat auf solche Böden abzustellen, die aus typischen Biochoren stammen.

d) Ökologische Forschungen ermangeln noch stark geeigneter Forschungsmethoden. Die Schaffung solcher Arbeitsverfahren ist dringlich. Deren Erprobung sollte nicht an x-beliebigen Standorten erfolgen, sondern wiederum in typischen Biochoren.

e) Landwirte, Förster, Kulturingenieure und Landesplaner sollten sich vermehrt der Ergebnisse der Standortskunde bedienen: Aufforstungen haben Aussicht auf Erfolg, wenn man dem Standort des künftigen Waldes die ihm gemäße Holzarten. mischung gibt. Nur dann ist Gewähr für die Gesunderhaltung des Bodens und für die nachhaltige Produktivität gegeben. Das ist eine erste Forderung! Im Rahmen der Grundbiochoren können dann, durch des Försters Kunst, wirtschaftlich geforderte, aber an sich standortsfremde Holzarten ohne Schaden als Gäste miteinbezogen werden.

Soll Wald zum Acker werden, dann orientiert vor der Rodung die Waldassoziation über Güte und Eignung des Bodens.

Die Erosionsgefahr kann vielfach stark gemildert und aufgehoben werden, wenn man den Boden standortsgemäß begrünt. Bewegten Hängen und wandernden Dünen wird oft mit Erfolg Halt geboten, wenn man sie unter die richtige Pflanzendecke fesselt.

Es wurde versucht, im Überblick einige wichtige Probleme zweier sich ergänzender, junger Wissenschaften darzulegen. Vom Boden und seiner grünen Decke war die Rede.

In der angewandten Biologie wird die Natur Lehrmeisterin bleiben: sie gibt die Richtung an, und sie formuliert die Grundrezepte. Uns bleibt nur übrig: vorsichtig zu steigern und zu mildern, zu beschleunigen und zu bremsen und im Rahmen des natürlichen Rezeptes kleinere Änderungen anzubringen.

Voller Schönheit ist das Studium all dieser angedeuteten Probleme! Es führt zurück zur Mutter Natur und offenbart ständig neu die Größe der Schöpfung und deren Wunder.