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Das wissenschaftliche Denken im Maschinenbau

Rektoratsrede, gehalten am 16. November 1963 an der
Eidgenössischen Technischen Hochschule
Polygraphischer Verlag AG Zürich 1964

Hochansehnliche Festversammlung,

Daß man in jenem weiten und vielgestaltigen Gebiet der Technik, dar als Maschinenbau bezeichnet wird —obwohl diese Benennung gerade heute eigentlich nicht mehr genügend umfassend ist —, schon seit langer Zeit von wissenschaftlichen Methoden ausgiebig Gebrauch macht, ist allgemein bekannt. Jene Frühepoche des technischen Zeitalters, da der Maschinenbau mit Wissenschaft so gut wie nichts zu tun hatte, ist längst vergangen. Der Übergang von der «vorwissenschaftlichen» Epoche zu unserem heutigen wissenschaftlich fundierten Maschinenbau ist ein Prozeß, der nicht leicht zu verfolgen ist. Er hat sich in verschiedenen Teilgebieten in durchaus ungleicher Weise und auch in verschieden hohem Maße vollzogen, oft mit grossen zeitlichen Verschiebungen, namentlich auch, wenn man die Entwicklung in verschiedenen Ländern miteinander vergleicht. Diese ganze Entwicklung hat sich — und das ist vielleicht wenig bekannt — nur langsam und gegen sehr große Widerstände durchgesetzt.

Gerade dieser Widerstand der Praxis gegen die Wissenschaft hatte tiefliegende Gründe, die mit Problemen zusammenhingen, welche heute noch bestehen, ja sogar in ganz besonderer Weise in Erscheinung treten. Es lohnt sich deshalb, einen Blick auf diese Entwicklung zurückzuwerfen und unseren heutigen Standort zu bestimmen. Jeder Ingenieur, der in der technischen Praxis gestanden hat, kennt jene Spannung zwischen den an formale Strenge gebundenen wissenschaftlichen Denkformen und dem intuitiven Arbeiten der Erfinder und Konstrukteure.

Manches von dem, was wir feststellen werden, betrifft wohl nicht nur den Maschinenbau, sondern bis zu einem gewissen Grade die Technik und die Ingenieurwissenschaft überhaupt, ja manches reicht ohne Zweifel sogar hinüber bis in die reine Wissenschaft. Wir wollen darauf aber nicht eintreten, um den Problemkreis nicht zu weitläufig und unübersichtlich werden zu lassen.

In seinen Ursprüngen ist der Maschinenbau herausgewachsen aus Handwerk und Gewerbe. Die großen Pioniere —wie etwa ein George Stephenson, um nur einen bekannten Namen zu nennen — waren keine Wissenschaftler. Die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse ihrer Zeit waren noch zu fragmentarisch und vermittelten nicht ein hinreichend vollständiges Bild der Zusammenhänge, das ihnen als Basis für ihre Überlegungen hätte dienen können. Oft eilten ihre Erfindungen der wissenschaftlichen Einsicht weit voraus. Viele dürften überhaupt wenig von der Naturwissenschaft ihrer Zeit gewußt haben. Wenn ein Leonhard Euler auf rein theoretischem Wege das Wirkungsprinzip der Turbine ersann, so stellt dies eine Ausnahme dar. Seinen Vorschlägen wurde ja auch in der Tat nicht sogleich Folge gegeben.

Die Maschinenbauer jener Frühepoche, die ja auch noch kein Ingenieurstudium hinter sich hatten, stützten sich auf direkte Beobachtung und Erfahrung; sie dürften große Bastler gewesen sein. Entscheidend bei dieser Art des Erfindens und Entwerfens ist vor allem das Vorstellungsvermögen. Hier berühren wir bereits einen wichtigen Sachverhalt, der oft übersehen wird. Das Vorstellungsvermögen ist auch heute noch das wichtigste Element im Denken des Ingenieurs. Gerade der schöpferisch begabte Techniker denkt nicht primär in Begriffen, sondern in Vorstellungen.

Wenn wir nun die Entwicklung zunächst weiter verfolgen, erkennen wir, daß etwa gegen die Mitte des 19. Jahrhunderts wissenschaftliche Methoden in nennenswertem Umfang in den Maschinenbau einzudringen begannen, und zwar vor allem in den deutschsprechenden Ländern. Gelegentlich wird Ferdinand Redtenbacher (1809 bis 1863) als derjenige bezeichnet, der den Maschinenbau zur Wissenschaft gemacht habe. Natürlich würde man die Dinge allzusehr vereinfachen, wenn man diesem einen Manne allein das Verdienst zuspräche, diesen entscheidenden Schritt getan zu haben. Immerhin wird aus seinen Äußerungen sehr deutlich, welchen Kampf er gegen das Vorurteil führte, die Wissenschaft könne keine brauchbare Grundlage zur Schaffung technischer Werke liefern. Wieder und wieder weist er auf die Schlüsselstellung der Mechanik hin. Er ist insofern durchaus ein Kind seiner Zeit, als er annimmt, es werde der Wissenschaft einmal gelingen, zu einem vollständigen Verständnis aller Naturgesetze zu

gelangen, indem sie alles auf die Gesetze der Mechanik zurückführt. Der zukünftige Maschinenbau müsse sich, davon war er überzeugt, nicht auf direkte Empirie, sondern auf eine umfassend ausgebaute Ingenieurwissenschaft stützen. Diese wiederum sah er aus der Mechanik hervorgehen; sie war in seiner Vorstellung nichts anderes als angewandte Mechanik. — In der Tat hat denn auch zunächst die Mechanik das Rückgrat der Ingenieurwissenschaft gebildet, schon deshalb, weil sie bereits recht früh so weit entwickelt war, daß eine fruchtbare Anwendung auf technische Probleme möglich wurde. Sie hat von ihrer Bedeutung bis heute nichts eingebüßt. Es dauerte geraume Zeit, bis etwa die Thermodynamik als wohlausgebaute technische Grundwissenschaft gleichwertig neben die Mechanik trat. Eigentlich war es erst Stodola, der ihr den Platz innerhalb der Ingenieurwissenschaft geben konnte, der ihr zukommt.

Soeben wurde der Ausdruck «technische Grundwissenschaft» gebraucht, der vielleicht auf einen gewissen Widerspruch stoßen könnte. Sind solche Wissensgebiete wie Mechanik oder Thermodynamik nicht einfach Teilgebiete der Physik, die allerdings auf technische Probleme angewandt werden können, deswegen aber nicht das Attribut «technisch» verdienen, solange sie den Charakter von Grundwissenschaften beibehalten? Hinter diesem Einwand steckt die Vorstellung, der Ingenieur übernehme eine Wissenschaft, die zunächst um der reinen Erkenntnis willen erarbeitet worden ist, etwa in der Form, in der sie vom «reinen» Wissenschaftler vorgelegt wird, und wende sie nun auf praktische Probleme an. Dies trifft aber den wahren Sachverhalt keineswegs. Der Ingenieur, der eine Wissenschaft anwendet, gestaltet sie um, ja diese Umgestaltung ist in vielen Fällen geradezu eine Neuschaffung. Das hängt teils damit zusammen, daß sehr oft für den Ingenieur gerade diejenigen Aspekte eine zentrale Bedeutung haben, die die reine Wissenschaft wenig interessieren. Manchmal muss ein sehr weitgehender Ausbau vorgenommen werden in einer Richtung, die vom Standpunkt der reinen Wissenschaft aus wenig naheliegend wäre. — Aber das ist noch nicht alles. Die Betrachtungsweise des Ingenieurs ist eine andere. Wenn die Einführung der Wissenschaft in den Maschinenbau überhaupt möglich wurde, so deshalb, weil eine solche Umgestaltung und Neuschaffung der Grundwissenschaften in

den Denkformen des Ingenieurs gelang. Es ist daher auch tatsächlich sinnvoll, von «technischen Grundwissenschaften» — technische Mechanik, technische Thermodynamik, technische Strömungslehre usw. — zu sprechen. In diesen wird auf ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge keineswegs verzichtet. Man ist also weit davon entfernt, nur praktische Rechenvorschriften anzugeben. Vielmehr wird diejenige Art von Verständnis gesucht, die der sucht, der ein Werk schaffen will. — Ein Beispiel möge dies veranschaulichen.

Wenn der Physiker über den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik spricht, so wird er im allgemeinen sehr bald zurückgreifen auf die molekularstatistische Vorstellung. Er wird finden, erst diese führe zu einem tieferen Verständnis dieses Naturgesetzes, dem sonst geradezu eine gewisse Unglaubwürdigkeit anhaften würde. Der Ingenieur nimmt diese molekularstatistische Deutung ebenfalls zur Kenntnis, doch ist ihm eine andere Einsicht wichtiger. Das thermodynamische Verhalten jedes Stoffes wird bekanntlich beschrieben durch zwei Relationen, deren eine die Abhängigkeit der Dichte vom Zustand zum Gegenstand hat (das sogenannte thermische Zustandsverhalten), während die zweite die Abhängigkeit des Energieinhaltes vom Zustand wiedergibt (das sogenannte kalorische Zustandsverhalten). Aus dem Zweiten Hauptsatz geht hervor, daß diese zwei Relationen stets in einer bestimmten Weise aufeinander abgestimmt sind. Diese gegenseitige Abstimmung ist für den Ingenieur der Angelpunkt für das Verständnis des Zweiten Hauptsatzes. Erstens kann sie an jedem Stoff durch makroskopische Messungen jederzeit verifiziert werden, ein Ergebnis, in dem der Ingenieur den eigentlichen Kronzeugen für dieses fundamentale Naturgesetz erblickt. Zweitens aber erkennt er in dieser gegenseitigen Abstimmung von thermischem und kalorischem Zustandsverhalten den makroskopischen Zusammenhang, der nur solche Prozesse zuläßt, die mit dem Zweiten Hauptsatz in Übereinstimmung sind. Erst indem er dies überblickt, hat der Ingenieur die Überzeugung, den Zweiten Hauptsatz verstanden zu haben. — Meine Fachkollegen werden verstehen, daß diese ganzen Ausführungen nur sehr unvollständig sein können und daher etwas ungenau bleiben müssen. — Was durch das Beispiel verdeutlicht werden sollte, ist der große Unterschied zwischen der

Betrachtungsweise des reinen Wissenschaftlers und der des Ingenieurs. Beide suchen ein tieferes Verständnis, worunter sie sich aber oft etwas völlig Verschiedenes vorstellen.

An einem anderen Beispiel wollen wir uns die komplizierten Wechselbeziehungen zwischen reiner Wissenschaft und technischer Grundwissenschaft vor Augen führen. Lange bevor ein Maschinenbau existierte, der sich wissenschaftlicher Methoden bediente, begann die Entwicklung einer rein theoretischen, im wesentlichen von Mathematikern geschaffenen Lehre von der Bewegung der Flüssigkeiten, der klassischen Hydrodynamik. Daß diese Theorie sich damit begnügte, die Flüssigkeit als inkompressibel und zähigkeitsfrei zu betrachten, konnte man a priori für eine durchaus zulässige Vereinfachung halten, wenn man etwa an solche Flüssigkeiten wie das Wasser dachte. Um so erstaunlicher war es, daß die Ergebnisse dieser streng durchgeführten Theorie mit der Beobachtung in augenscheinlichem Widerspruch standen. Auch die später erfolgte Einführung der Zähigkeit führte nicht zu einer befriedigenden Übereinstimmung zwischen Theorie und Beobachtung. Man versuchte natürlich, die Gründe dieses Versagens aufzudecken, was aber lange Zeit nicht in überzeugender Weise gelang.

Als die Ingenieure nun vor die Notwendigkeit gestellt waren, Strömungsvorgänge vorauszuberechnen, konnte ihnen diese Hydrodynamik nicht viel weiterhelfen. Daher entwickelten sie eine als Hydraulik bekannte Strömungslehre, die sich weitgehend auf direkte Empirie stützte und von der theoretischen Hydrodynamik nicht viel mehr als die Bernoullische Druckleitung übernahm. Von der sogenannten eindimensionalen Vorstellung ausgehend, versuchte diese Hydraulik, Aussagen über das technisch bedeutsame Globalverhalten zu gewinnen. Die Übereinstimmung zwischen den sehr einfachen theoretischen Ansätzen und der Beobachtung wurde durch die Einführung geeigneter Koeffizienten hergestellt. Deshalb ist diese Strömungslehre auch gelegentlich im abschätzigen Sinne als «Koeffizientenhydraulik» bezeichnet worden. Man kann an ihr bemängeln, daß sie auf eine tiefere physikalische Einsicht verzichtet, weshalb sie denn auch bei komplizierteren Problemen versagt. Unter den Gegebenheiten ihrer Zeit hat sie aber sehr wertvolle Dienste

geleistet. Selbst ein Stodola hat sich bei seinen strömungstechnischen Untersuchungen über weite Strecken mit einer Betrachtungsweise begnügt, die aus dieser Hydraulik entlehnt war. Sie hat auch heute noch ihren Anwendungsbereich, in dem sie durchaus befriedigt.

Einen grundlegenden Schritt tat die Ingenieurwissenschaft alsdann mit der Entdeckung der Grenzschichttheorie durch Prandtl (1904). Es wurde durch sie der Grund für die Diskrepanz zwischen der theoretischen Hydrodynamik und den beobachteten Strömungserscheinungen aufgedeckt. Damit war der Weg zur Entwicklung einer theoretisch wohlbegründeten und mit der Erfahrung übereinstimmenden Strömungslehre freigelegt. Die Ingenieurwissenschaft hatte so einen wesentlichen Beitrag zur Physik geleistet.

Ein Beispiel dafür, daß die Ingenieurwissenschaft einen umfangreichen Komplex von Erscheinungen erforschen mußte, der für die reine Wissenschaft abseits lag, ist die Theorie des Wärmeüberganges. Die Physik hatte sich zwar eingehend mit der Wärmeübertragung durch Leitung und durch Strahlung beschäftigt. Jenes komplexe Ineinandergreifen von Wärmeleitung und direktem Wärmetransport, wie es in strömenden Medien auftritt, hat sie aber nie weiter interessiert, weil man sich von der Erforschung dieser Vorgänge keine wesentlich neue Erkenntnis versprach. Gerade diese Art der Wärmeübertragung, die man Wärmeübergang nennt, ist aber für den Ingenieur die wichtigste und interessanteste. Sie ist zum Gegenstand eines umfangreichen Wissensgebietes geworden, das für den Maschineningenieur den Charakter einer Grundwissenschaft hat. Wiederum wird hier deutlich, von welcher Art die tiefere Einsicht ist, die der Ingenieur sucht. Er will unter den komplizierten Bedingungen, vor die ihn sein Schaffen täglich stellt, das Wie und Warum der Vorgänge mit ihren gegenseitigen Verflechtungen verfolgen können, und zwar möglichst anschaulich.

Alles, was bisher über die Ingenieurwissenschaft gesagt wurde, bezog sich erst auf die technischen Grundwissenschaften, die noch gar keine besonderen technischen Gebilde im Auge haben und sich von der reinen Wissenschaft eigentlich nur durch die Art der Betrachtung und die Lage der Interessenschwerpunkte unterscheiden. Die Anwendung dieser Grundwissenschaften auf technische Einzelprobleme

bedeutete ihrerseits einen wesentlichen Schritt, und es ist dieser, der auf so große Widerstände gestoßen ist. Es bestand also ein Gegensatz zwischen den wissenschaftlich arbeitenden Ingenieuren und einem großen Teil der technischen Praxis. Dieser Gegensatz hat seine Spuren hinterlassen bis auf den heutigen Tag, ja er ist vereinzelt bis heute noch nicht überwunden.

Die geschichtliche Entwicklung findet ihren Niederschlag darin, daß die wissenschaftliche Behandlung der Probleme in den verschiedenen Zweigen des Maschinenbaues auf sehr unterschiedlicher Höhe steht. Oft wurde der Gang der Dinge in zufälliger Weise maßgebend bestimmt durch große Persönlichkeiten, die in einzelnen Gebieten tätig waren. Daher findet man von völlig unwissenschaftlichen Erfahrungsregeln, ja von Pseudowissenschaft, bis hinauf zur hochwissenschaftlichen Erfassung der Zusammenhänge alle Zwischenstufen. Alles dies besteht auch heute noch nebeneinander her. Man ist geneigt anzunehmen, die Situation sei bei dieser Auseinandersetzung zwischen Praxis und Wissenschaft von jeher eine recht einfache gewesen: Auf der einen Seite wären die akademisch gebildeten Ingenieure gestanden, die wissenschaftlich arbeiteten, auf der anderen Seite die ungenügend Vorgebildeten und Unverständigen, die ohne Wissenschaft auskommen wollten. Damit würde man aber dem wahren Sachverhalt keineswegs gerecht. Es gab und gibt vielmehr Ingenieure und unter ihnen bisweilen außerordentlich begabte, die Hervorragendes leisteten, dabei aber nie eigentlich wissenschaftlich gearbeitet haben. Die Wissenschaften, die sie einmal erlernt haben, wenden sie nur in einer indirekten Weise an. Von ihrer ganzen Ausbildung ist nur übriggeblieben, daß ihr Vorstellungsvermögen in bestimmter Weise geformt worden ist. Die Naturgesetze sind ihnen zu Vorstellungsinhalten geworden, die ihnen nahezu selbstverständlich erscheinen. Indem sie sich nun von diesen Vorstellungen leiten lassen, geht die naturwissenschaftliche Erkenntnis ein in das Erfinden und Konstruieren, selbst wenn sie gar nicht in einem eigentlichen Sinne wissenschaftlich arbeiten. Bis in die ersten Jahrzehnte unseres Jahrhunderts hinein sind die großen Entwicklungen im Maschinenbau zum ganz überwiegenden Teil auf diese Weise erfolgt. Es war dies weithin die typische Arbeitsweise einer Ingenieurgeneration, die

etwa in den vierziger Jahren vom Schauplatz ihres Wirkens zurückgetreten ist. Aber auch heute noch ist dieser Ingenieurtyp keineswegs ausgestorben.

Wo nun der Ingenieur die Wissenschaft direkt — also nicht in der eben beschriebenen verschleierten Form — zur Lösung technischer Aufgaben heranzog, sah er sich eh und je vor die Notwendigkeit gestellt, das Problem gedanklich zunächst zu vereinfachen, bevor er überhaupt hoffen konnte, es behandeln zu können. Welche Aspekte des Vorganges dabei die wesentlichen sind, auf die er sein Augenmerk richten muß, und welche im gegebenen Zusammenhang vernachlässigt werden können, darüber belehrt ihn wieder vor allem sein Vorstellungsvermögen.

Es ist klar, daß im Zuge der Entwicklung die Theorien immer mehr verfeinert werden, daß man also immer näher an die Wirklichkeit heranzukommen sucht. Allein, auch unsere kompliziertesten und vollständigsten Theorien sind oft noch weit davon entfernt, die Wirklichkeit genau zu erfassen. Darüber machen sich selbst wissenschaftlich Gebildete nicht selten eine falsche Vorstellung. Indem wir weiter vordringen, erweist sich der Mechanismus der Vorgänge als komplizierter, als wir angenommen hatten, und was wir für eine verfeinerte Theorie hielten, erscheint uns erneut als grobe Approximation, ja vielleicht sogar als fragwürdig. Das trifft keineswegs etwa nur dort zu, wo grundsätzlich neuartige, unvollkommen erforschte physikalische Effekte im Spiel sind. Auch dort und gerade dort, wo wir es ausschließlich mit Vorgängen zu tun haben, die durch die klassischen Grundwissenschaften im Prinzip völlig geklärt sind, ist das Zusammenspiel der verschiedenen Einflüsse im technischen Einzelfall ein so kompliziertes, daß wir weit davon entfernt sind, es erschöpfend zu verstehen. So ist z. B. der genaue Mechanismus der Strömung durch einen Kanal, der sich in Strömungsrichtung allmählich erweitert (sogenannter Diffusor), erst ganz unvollständig erforscht.

Wenn aber so vieles der Schätzung und der Vorstellung überlassen ist, dann ist unvermeidlich die Gefahr des Irrtums stets vorhanden. Man darf sich daher nicht wundern, daß immer wieder Theorien versagt haben, obwohl sie an und für sich sorgfältig durchgeführt waren. In den Ausgangsannahmen oder in der Einschätzung von Nebenwirkungen

hatte sich irgendein Irrtum eingeschlichen, der alles in Frage stellte. Das in der Praxis tief eingewurzelte Mißtrauen gegen die Wissenschaft erhielt durch solche Fehlschläge naturgemäß immer wieder neue Nahrung. Es ist vorgekommen, daß komplizierte Rechnungen nicht zuverlässiger waren als einfache Schätzungen, was selbstverständlich nicht dazu angetan ist, das Vertrauen der Praktiker in die Theorie zu stärken. — An einer Tagung über Strömungsprobleme, die 1954 an der ETH stattfand, äußerte sich ein Diskussionsteilnehmer in folgender Weise: «Auf die Frage, wie wir in unserer Firma die Radialgebläseräder berechnen, muß ich Ihnen leider antworten: Wir berechnen sie überhaupt nicht.» Dies sagte er nicht, weil er etwa zu denen gehörte, die die Theorie aus Mangel an Verständnis ablehnen, sondern weil er es nach vielen vergeblichen Versuchen aufgegeben hatte, ein zuverlässiges Rechenverfahren zu suchen.

Alle diese Fehlschläge und Enttäuschungen haben indessen nicht verhindert, daß auch im Maschinenbau wissenschaftliche Methoden in immer größerem Umfang zur Lösung technischer Aufgaben herangezogen wurden. Die Kompliziertheit der Erzeugnisse der modernen Technik hat dies unvermeidlich gemacht. Zwar ist die Wissenschaft auch heute noch nicht so weit, daß sie uns gegen alle Mißerfolge sichert, und sie wird voraussichtlich überhaupt nie so weit kommen. Der Verzicht auf die Wissenschaft würde aber bei den heutigen Gegebenheiten so gut wie sicher zum Mißerfolg führen. Um dies einzusehen, muß man sich nur vergegenwärtigen, was dabei herauskäme, wenn man versuchte, rein von der Anschauung ausgehend und unter Vermeidung jeder komplizierten Untersuchung einen Atomreaktor zu entwickeln.

An dem eben genannten Beispiel wird aber noch etwas anderes deutlich. Man kann auch nicht vermeiden, daß die Theorien, die in der technischen Wissenschaft entwickelt werden, einen immer abstrakteren Charakter annehmen. Die Erfassung der Vorgänge im Düsentriebwerk eines modernen Flugzeuges setzt ein abstrakteres Denken voraus, als dies beim Kolbenflugmotor der Fall war. Die Theorie des Atomreaktors ist nicht nur komplizierter, sondern auch abstrakter als diejenige des gewöhnlichen Dampfkessels. Die Entwicklung der Technik selber zwingt also den Ingenieur zu einer

Denkweise, die ursprünglich nicht die seine ist und die insbesondere einer früheren Ingenieurgeneration weitgehend fremd gewesen wäre. Dies wird sichtbar in den Theorien, die einzelne technische Problemkreise zum Gegenstand haben. Ich nenne als Beispiel die Theorie der Strömungsmaschinen. — Es wirkt aber auch von da her zurück auf die technischen Grundwissenschaften.

In der Tat erfahren wir heute nicht selten, daß technische Einzelprobleme eine Verfeinerung der Theorie verlangen, die in den Grundwissenschaften vielleicht im Prinzip enthalten, aber jedenfalls nicht explizite vorbereitet ist. Die Grundlagen müssen also umfassender werden, und insbesondere wird oft eine begrifflich strengere Fassung wünschbar oder notwendig. Gerade dieser letztere Umstand ist beachtenswert, denn in der Regel bedeutet dies, daß zu abstrakteren Formulierungen übergegangen werden muß.

So entsteht jene typisch moderne Art technischer Wissenschaft, die zwar ihren technischen Charakter durch die Lage der Interessenschwerpunkte immer noch deutlich verrät, nichtsdestoweniger aber hohe Anforderungen an das Abstraktionsvermögen stellt. Sie strebt bewußt nach begrifflicher Strenge und logischer Einheitlichkeit. Ihre Denkmethode ist daher weitgehend eine deduktive, d.h. man sucht jede Einzelaussage aus wenigen allgemeinen Grundprinzipien zu gewinnen. In einer Zeit, wo unser Wissen ganz allgemein eine derartige Breitenentwicklung annimmt, drängt sich die deduktive Methode schon deshalb auf, weil nur sie den dringend notwendigen Überblick vermitteln kann und den Zugang zu den vielen verschiedenartigen Einzelproblemen erleichtert. So erleuchtend dies ist und so sehr die begrifflich streng durchgeführte deduktive Methode übrigens auch einem Ideal entspricht, das den Theoretikern aller Wissenschaften immer wieder vorschwebt, so ist hier doch eine Gefahr zu sehen. Man kann in dieser Richtung zu weit gehen. Lassen Sie mich dies an einem Beispiel deutlich machen.

Vor einiger Zeit wurde an einer amerikanischen Technischen Hochschule ein Vorlesungszyklus über moderne Thermodynamik durchgeführt, und zwar für wissenschaftlich arbeitende Ingenieure. Wie aus der Autographie hervorgeht, die diesen Kurs zusammenfaßt, hat man versucht, zu einer neuartigen, logisch möglichst durchsichtigen

Darstellung dieses Wissensgebietes zu gelangen. Die Theorie hat daher einen streng axiomatischen Aufbau und beginnt mit der Definition der Grundbegriffe. Daß man hier also z.B. definiert findet, was unter einem System verstanden werden soll, ist noch nicht zu verwunderlich, obwohl dieses Wort in der Wissenschaft oft benutzt wird, ohne daß vorher eigens erklärt würde, was damit gemeint ist. Hingegen ist man doch einigermassen überrascht zu sehen, daß der Autor auch glaubt, erklären zu müssen, was unter einer Eigenschaft eines Systems zu verstehen sei. Er führt weiter eine Präzisierung ein, indem er zwischen neutralen und nichtneutralen Eigenschaften unterscheidet. — Der Autor ist wohlverstanden ein Professor der Ingenieurwissenschaften und nicht etwa ein Philosoph.

Nicht nur für die meisten Ingenieure, sondern ohne Zweifel für die überwiegende Mehrzahl der Naturwissenschaftler hat ein solches gedankliches Vorgehen zunächst etwas äußerst Befremdendes an sich. Wir sind geneigt, darin eine wirklichkeitsfremde Sophistik zu sehen. Damit würde man aber einem solchen theoretischen Versuch nicht gerecht.

Im eben genannten Beispiel schlägt der Autor diesen eigentümlichen Weg ein, weil er in strenger Weise den Begriff des thermodynamischen Zustandes gewinnen will. Dieser Begriff ist aber keineswegs trivial, und man versteht sehr wohl den Wunsch, ihn klar festzulegen. Die übliche Art des Vorgehens ist allerdings eine andere: Man verwendet den Zustandsbegriff, ohne ihn je definiert zu haben, und erwartet ohne weiteres, daß der Leser (oder der Hörer im Falle der Vorlesung) aus der für die Thermodynamik typischen Art der Problemstellung und aus den allgemeinen Zusammenhängen sich selbst intuitiv diesen Begriff schafft.

Dem Wissenschaftler, der sich mit dieser intuitiven Art, Begriffe zu bilden, nicht gerne zufriedengibt, geht es nicht nur um die theoretische Eleganz, sondern vor allem um die Klarheit der Grundlagen. Daß diese gerade in der Thermodynamik nicht ohne weiteres gegeben ist, wissen alle Kenner der Materie. Fehler, die aus einer Verschwommenheit der Grundlagen hervorgehen, können durchaus im technischen Werk ihre praktische Auswirkung haben. — Wir diskutieren hier nicht darüber, ob in jener theoretischen Abhandlung, die soeben

erwähnt wurde, gerade der glücklichste Weg eingeschlagen worden sei. Es genügt uns, das Ziel festzuhalten, das mit diesem etwas sophistisch anmutenden Vorgehen angestrebt wurde: die Klarstellung der Grundbegriffe einer Wissenschaft, von der die Ingenieure Gebrauch machen.

Alles dies vermag aber doch gewisse Bedenken nicht zu verscheuchen, die sich uns gegenüber solcher Axiomatik aufdrängen. Wir haben doch den Eindruck, hier werde Gedankenarbeit geleistet für etwas Unfruchtbares. Je weiter wir in dieser Richtung gehen, je mehr wir uns darauf einlassen, bei der Definition der Begriffe Vollständigkeit und Strenge anzustreben, desto mehr sehen wir uns genötigt, ein umfangreiches Gedankengebäude zu errichten, das sich durch eine eigentümliche Substanzlosigkeit auszeichnet. — Wie weit zu gehen hier sinnvoll ist, ist eine Ermessenssache, denn immer müssen wir irgendwo uns entschließen, Halt zu machen und uns auf die unmittelbare Ausdrucksfähigkeit unserer Sprache zu verlassen. Daß diese ganze Problematik ausgerechnet in der Ingenieurwissenschaft, die auf die Praxis hin gerichtet ist, überhaupt in Erscheinung treten kann, ist symptomatisch für unsere heutige Situation.

Man kann noch andere Bedenken anmelden gegen dieses an formale Strenge gebundene Denken. Es wurde schon gesagt, die deduktive Methode stelle die Schau der logischen Struktur über die materiell neue Erkenntnis. Gerade der revolutionäre Wissenschaftler, wie auch der revolutionäre Erfinder werden ihr abhold sein, denn sie werden finden, diese Art des Denkens verschütte geradezu den Zugang zum grundsätzlich Neuen. Das logisch Geschlossene freut sie wenig, denn für ihr Gefühl wohnt ihm die Melancholie der vollendeten Bauten inne.

Die zusammenfassende Klarheit der deduktiven Theorie wird sie trotz solcher Bedenken unentbehrlich machen. Dort, wo sie nach dem Stande der Erkenntnisse überhaupt möglich ist, ist sie leistungsfähiger als die induktive. Sie ist auch der natürliche Ausgangspunkt für die verfeinerten modernen Berechnungsverfahren, deren praktische Durchführung erst durch die elektronischen Rechenmaschinen möglich geworden ist. Es ist dem einzelnen Wissenschaftler überlassen, das richtige Maß zu finden, so daß der Formalismus nicht weiter getrieben wird, als es nötig ist, um Wesentliches auszusagen.

In der modernen Technik hat vom ganz handfest praktischen Denken bis hinüber zu größter Abstraktheit alles seinen Platz. Unvermeidlicherweise entstehen aber daraus Spannungen. Das intuitive Ersinnen von Form und Struktur, dieses schöpferische Arbeiten der Konstrukteure, und auf der anderen Seite das abstrakte Denken des streng begrifflich vorgehenden Wissenschaftlers sind offensichtlich Gegensätze. Daß ein Individuum die Fähigkeit zu beiden in sich vereinigt, ist nicht unmöglich, aber selten. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Begabungstypen ist aber ein außerordentlich schwieriges Problem, denn sie verstehen einander schlecht. Dieser Konflikt, dieses Nichtverstandenwerden und Nichtverstehenkönnen hat manchem Ingenieur seine berufliche Laufbahn zu einem Leidensweg gemacht.

Bis vor wenigen Jahrzehnten hatten die reinen Praktiker klar das Übergewicht. Ihnen gegenüber hatte der Wissenschaftler einen schweren Stand. Während dies noch nachwirkt, ja während diese Situation an einzelnen Orten noch nicht überwunden ist, stehen wir bereits einer entgegengesetzten Strömung gegenüber, die man als einen wahren Wissenschaftsfimmel bezeichnen kann. —Bekanntlich ist dies eine ganz allgemeine Zeiterscheinung, die neben vielen anderen Gebieten auch den Maschinenbau erfaßt hat. Die Bedeutung der formschaffenden Einbildungskraft, der großartigen schöpferischen Synthese, die uns bei einer wohlgelungenen Konstruktion so anspricht, wird völlig übersehen. Man ist der Meinung, alles Wesentliche an einer technischen Entwicklung geschehe in den Forschungszentren. Man glaubt, diese brauchten nur ihre Ergebnisse weiterzugeben an untergeordnete Kräfte, die dann die Ausführungspläne zusammenzeichnen. Dabei sind es nun aber offensichtlich diese untergeordneten Kräfte, die eigentlich das technische Werk schaffen. Wie unzulänglich dies aber unter Umständen geschieht, kann man sich leicht vorstellen. Ebenso verhängnisvoll ist aber auch für den Forscher selber dieses autonome Arbeiten, dieses Fehlen der ständigen Auseinandersetzung mit der technischen Praxis. Er kommt dadurch in Gefahr, sich im leeren Raume zu bewegen. Daher ist das Charakteristische an gewissen modernen Mammut-Forschungszentren ihre phantastische Unfruchtbarkeit.

Es liegt hier also in der Tat ein tieferes Problem vor. Bei dem zähen Widerstand gegen alle Wissenschaft, der in der maschinenbaulichen Praxis über so manche Jahrzehnte hinweg spürbar gewesen ist, mag sehr viel Unverstand und auch Ressentiment gegenüber dem akademisch Gebildeten im Spiel gewesen sein. Es steckte dahinter aber auch ohne Zweifel etwas Echtes, die vielleicht unbestimmte Furcht, es könnte damit die eigentliche Maschinenbaukunst abhanden kommen. Daß diese Furcht nicht unbegründet war, wird heute deutlich. Wo die reine Gelehrsamkeit überhandnimmt, werden die schöpferischen Kräfte überwuchert.

Wenn wir es also mit einem sehr schwierigen Problem zu tun haben, so bietet sich uns andererseits auch eine große Chance. Wenn es nämlich uns im alten Europa — und uns in der kleinen Schweiz im besonderen — gelingt, dieses Problem zu lösen, die Synthese von Wissenschaft und schöpferischer Gestaltungskraft in besserer Weise zu verwirklichen, als dies an anderen Orten geschieht, dann haben wir unsere Rolle nicht ausgespielt. Denn dies ist entscheidender als die Anzahl der Fachkräfte und die finanziellen Mittel, die zur Verfügung stehen. Es ist nicht ganz unbegründet, zu hoffen, daß uns dies gelinge. Die Geistesart des Europäers, der wenig geneigt ist, die Zusammenhänge allzu einfach zu sehen, setzt ihn am ehesten in den Stand, eine solche Problematik richtig zu erkennen und zu meistern. Wir dürfen vielleicht auch sagen, daß dieses harmonische Ineinandergreifen von Wissenschaft und Gestaltungskunst im Maschinenbau zwar nirgends in idealer Weise verwirklicht ist, bei uns aber immerhin noch am besten. Wenn wir hier noch einen Schritt weiterkommen, dann ist unsere Stellung sehr stark.

Unabweisbar drängt sich der Gedanke auf, daß an der Lösung dieser Aufgabe auch die Hochschule maßgebend mitwirken müsse. Meines Erachtens würde man aber das Problem viel zu eng fassen, wenn man nur von der Hochschule redete, denn die Überwucherung des Schöpferischen ist eine allgemeine Zeiterscheinung, die sich keineswegs auf ein besonderes Gebiet beschränkt. Die Frage geht unser ganzes Schulwesen an. Dabei darf die Auffassung allerdings nicht die sein, es sei Aufgabe der Schule, schöpferische Menschen auszubilden, denn das kann sie nicht. Sie kann aber vermeiden, durch ein Allzuviel

an Wissensstoff den Geist der Menschen zu verschulen. Die Auffassung, man müsse die Jugend um jeden Preis dazu bringen, immer mehr zu lernen, ist verhängnisvoll. Ich möchte die herausfordernde Formulierung wagen, man müsse den jungen Menschen Zeit lassen zum Träumen, denn das kann für ihre geistige Entwicklung wichtiger sein als die übertriebene alberne Lernerei. Der Vierzehnjährige, der anfängt, Radaufhängungen für Automobile zu erfinden oder sich zu überlegen, wie er ein Raumschiff bauen würde, tut etwas Gescheiteres, als wenn er Schulaufgaben macht.

Wir, die wir an der Hochschule lehren, glauben doch, unsere Aufgabe erfüllen zu können, obwohl jeder von uns unendlich vieles von dem vergessen hat, was er einmal lernen mußte. Nicht alles dies war deshalb wertlos und unnötig, aber es war doch viel Ballast dabei. Warum also klammert man sich daran, das Heil in einem allgemeinen Vielwissen zu suchen?

Was hier zum Schluß angetönt wurde, geht natürlich über das besondere Problem des Zusammenspiels zwischen Wissenschaft und schöpferisch intuitivem Gestalten im Maschinenbau weit hinaus. Andererseits sahen wir ja auch, daß es hier besonders darum geht, durchaus verschiedene Denkformen miteinander in fruchtbare Wechselbeziehung zu bringen, und dies ist noch etwas anderes als das «zur Entfaltung kommen lassen» des Schöpferischen. Und doch werden wir auch einer solchen Aufgabe besser gewachsen sein, wenn wir nicht die Originalität und Selbständigkeit des Denkens, die Fähigkeit, die Zusammenhänge von höherer Warte aus zu sehen, in der Vielwisserei ersticken. Es ist doch beängstigend, zu sehen, wie schematisch und platt die Überlegungen auch bei den Gebildeten weithin geworden sind.

Es ist an der Zeit, daß wir uns aufraffen, die Dinge erneut auf unsere Weise in die Hand zu nehmen und nicht einfachhin mit einer in der großen Welt ablaufenden Entwicklung mitzutun. Lassen wir uns nicht zu sehr von den großen Zahlen imponieren. Vertrauen wir mehr auf die geistige Substanz. Wenn wir sie zur Entfaltung bringen, werden wir Pionierarbeit leisten können, wie wir es in der Vergangenheit getan haben.