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HSG zwischen Europa und Euregio

Unsere Hochschule vor internationaler Herausforderung, nationaler Aufgabe und regionaler Verpflichtung

Es ist eine besondere Ehre und respektable Herausforderung, die Leitung nicht irgend einer Hochschule, sondern der Hochschule St. Gallen übernehmen zu dürfen. Die HSG ist weltweit bekannt und hat einen exzellenten Ruf. Internationale Ratings attestieren uns eine Spitzenposition im Kreis der führenden Management-Schools.

Kann sich der neue Rektor daher geruhsam zurücklehnen, seinen Vorgängern für ihre ausgezeichnete Arbeit danken — und im übrigen gelassen zusehen, was sich in der Welt der Wissenschaft so alles tut? Natürlich nicht! Ein solches Verhalten wäre fatal. Denn Selbstzufriedenheit führt rasch zu innerer Verkrustung, und das wäre wohl das Schlimmste, was uns passieren könnte.

Für die Institution Hochschule gilt dasselbe wie für private Unternehmen: Wir agieren in einem Umfeld, das sich laufend wandelt. Wir sind äusseren wie inneren Druckfaktoren ausgesetzt. Und wir müssen auf diese Veränderungen zielgerichtet reagieren, flexibel und innovativ, um im harten Wettbewerb bestehen zu können. Ein solcher besteht nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Wissenschaft, wie noch zu zeigen sein wird.

Tatsächlich sind die Hochschulen im allgemeinen und die Hochschule St. Gallen im besonderen heute in ein vielfältig vernetztes Spannungsfeld eingebunden: zwischen internationaler Herausforderung, nationaler Aufgabe und regionaler Verpflichtung.

Wie ist hier die HSG zu positionieren? Welche Herausforderungen zeichnen sich ab, welche Strategien sind zu verfolgen? Versuchen wir diese Fragen in den drei genannten Bereichen zu beantworten.

INTERNATIONALE HERAUSFORDERUNG

Bekanntlich sind Wissenschaft und Forschung in unserem Land traditionell auf internationale Kooperation ausgerichtet; das heutige Umfeld zwingt uns jedoch, diese Öffnung und die Zusammenarbeit — namentlich in Europa — zu verstärken. Der entscheidende Grund dafür liegt in der enormen Wissensexplosion. Das betrifft die zunehmende Breite, Vielfalt und Komplexität des Wissens, vor allem aber das beschleunigte Tempo, in dem neue Erkenntnisse anfallen. Die Halbwertzeit des Wissens verkürzt sich immer rascher —die Zeit wird zum strategischen Knappheits- und Engpassfaktor.

Um diese Herausforderungen zu meistern, den Anschluss nicht zu verpassen, ist vermehrte Internationalität gefragt, sind ein rascherer Transfer und intensivierte Kontakte unausweichlich. Eine Folge davon wird vermehrte Mobilität sein: Mobilität nicht nur von Personen, sondern auch von Ideen und Kenntnissen —eine geistige Mobilität also im weitesten Sinn.

Hier stellen sich neue Aufgaben im Bereich der interuniversitären Mobilität, etwa beim Austausch von Studierenden und der gegenseitigen Anerkennung von Hochschuldiplomen. Die Frage ist, wie dies ohne Qualitätseinbussen, ohne Nivellierung nach unten, sichergestellt werden kann.

Ebenso wichtig wird eine vermehrte Mobilität der Forschenden sein, und hier insbesondere der akademischen Nachwuchskräfte, weil diese erfahrungsgemäss ein besonders wichtiges Bindeglied im Netz internationaler Fachkontakte darstellen.

Die internationale Ausrichtung ist wichtiger denn je, weil sich auch neue Isolationsgefahren, unerwünschte institutionelle Barrieren, abzeichnen, namentlich im Bereich der Forschung. So ist seit der Volksabstimmung über den EWR-Vertrag völlig ungewiss, ob und in welcher Form sich die Schweiz bei den weiteren Forschungs- und Bildungsprogrammen der EG wird beteiligen können; ein Abkoppeln der Schweizer Forschung von diesem entscheidenden Zukunftspotential wäre natürlich fatal.

Der Bund ist deshalb aufgerufen, die zukünftige Wissenschaftspolitik so zu gestalten, dass schweizerische Forschung und Ausbildung international kompetitiv bleiben. Und die einzelnen Hochschulen müssen sich verstärkt um internationale Informations- und Netzwerkbeziehungen bemühen, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden.

Für unsere Hochschule gilt, dass wir dieses Anliegen — unabhängig von politischen Entscheiden — schon bisher sehr ernst genommen haben. So haben im Europäischen Verbund führender Wirtschaftsuniversitäten, der Community of European Management Schools, im letzten Herbst erstmals HSG-Absolventen ein europäisches Zusatzdiplom erworben. Dieses Netzwerk mit 11 Partnerhochschulen wollen wir genauso wie die fast zwanzig weiteren bilateralen Kooperationsabkommen künftig auch auf Dozentenebene konsolidieren und weiter ausbauen.

NATIONALE AUFGABE

Verschärfte Rahmenbedingungen müssen wir auch auf nationaler Ebene zur Kenntnis nehmen. Zwei Merkmale sind es, die das aktuelle hochschulpolitische Umfeld prägen.

Einmal die steigenden Studentenzahlen. Sie führen zu wachsenden Engpässen und Überlastungen bei Personal und Infrastruktur. Die Betreuungsverhältnisse haben sich zunehmend verschlechtert, und quantitative Ursachen führen so zu erheblichen qualitativen Problemen. Die Hochschule St. Gallen spürt dies in besonders krasser Weise. Trotz einer Begrenzung ausländischer

Studierender hat sich in den letzten 10 Jahren die Zahl der immatrikulierten Studierenden mehr als verdoppelt (gegenüber einer gesamtschweizerischen Zunahme von nur 30 Prozent) und ist auf heute über 4000 angestiegen. Im gleichen Zeitraum wurde die Zahl der Professoren aber um nur ein Drittel erhöht.

Das zweite Merkmal sind — an diesem Thema führt auch in der Rede des Rektors 1993 kein Weg vorbei — die finanziellen Restriktionen. Die verschlechterte Finanzlage bei Bund und Kantonen und die Notwendigkeit rigoroser Sparmassnahmen sind uns allen wohl bekannt.

Hier zeichnet sich aus hochschulpolitischer Sicht eine bedrohliche Situation ab. Die Ressourcen werden immer knapper, und gleichzeitig steigen die Aufwendungen für Forschung und Lehre. Auch die Sozialwissenschaften sind längst keine «billigen» Wissenschaften mehr, wenn wir an die neuen Bedürfnisse etwa in der Informatik und im Bibliothekswesen denken.

In dieser Situation müssen alle beteiligten bildungspolitischen Instanzen nach neuen Lösungen suchen. Es fehlt auch nicht an grundsätzlichen Reformvorschlägen für eine zukünftige Bildungs-, Hochschul- und Forschungspolitik, die derzeit zur Diskussion stehen.

Mit dem neuen Hochschulförderungsgesetz hat der Bund zunächst deutliche Signale gesetzt. Einerseits soll eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Bund und Hochschulkantonen stattfinden. Hier steht die umstrittene Frage der Zuteilung der Mittel im Zentrum. Andererseits wird von den Hochschulen selbst eine konsequentere interuniversitäre Aufgabenteilung und Schwerpunktsetzung verlangt. Im Klartext heisst das, dass neben Prioritäten auch Posterioritäten zu setzen sind.

Obschon die definitive Ausgestaltung der zukünftigen Politik noch offen ist, besteht kein Zweifel, dass die Hochschulen einer Zeit erheblicher Veränderungen und Restriktionen entgegengehen. Im Moment allerdings herrscht Ungewissheit; wir stehen in einer Phase der Unruhe — einer schöpferischen Unruhe, wie zu hoffen ist...

Ich freue mich deshalb ganz besonders, dass uns Bundesrätin Ruth Dreifuss heute selbst über die Ziele und Absichten des Bundesrates orientieren wird. Für diese Bereitschaft danke ich der Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern sehr herzlich. Wie sind nun diese Rahmenbedingungen aus der Sicht der HSG einzuschätzen?

Zunächst: Jammern ist fehl am Platz. Obschon wir (natürlich) überzeugt sind, dass die Hochschul- und Forschungsförderung erste Priorität verdient, wollen wir nicht in den Chor jener einstimmen, die Sparen immer nur bei den andern fordern. Vielmehr müssen wir bei realistischer Einschätzung der Lage einsehen, dass eine vermehrte Aufgabenteilung und Koordination zwischen den Hochschulen (wie der Bundesrat dies fordert) unausweichlich und für die nächste Zukunft zu einer vordringlichen Aufgabe wird. Ich meine jedoch, dass der Handlungsbedarf in erster Linie bei den einzelnen Hochschulen selbst liegt. Das gilt auch für uns: Wir müssen selbst sicherstellen, dass wir unter den aktuellen Einschränkungen und Unsicherheiten unseren Auftrag im Rahmen des gesamtschweizerischen Hochschulsystems optimal erfüllen.

Die Positionierung der HSG ist klar: Unser Auftrag ist es, künftige Führungskräfte auf die Übernahme verantwortungsvoller Positionen in Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Rechtspflege vorzubereiten. Auch die Art der Auftragserfüllung ist bekannt: zwar spezialisierte Hochschule, aber in Lehre und Forschung bewusst ganzheitlich, interdisziplinär und praxisnah ausgerichtet.

Selbstverständlich muss dieses Konzept dauernd an den Bedürfnissen in Wirtschaft und Gesellschaft gemessen und neu orientiert werden; aber an dieser langfristigen, strategischen Ausrichtung wollen wir auch künftig, trotz kurzfristiger hochschulpolitischer Turbulenzen, hartnäckig festhalten!

Insofern verstehen wir unseren Auftrag auch als gesamtschweizerische Aufgabe. Als spezialisierte Hochschule decken wir ein klares Segment für die gesamtschweizerische Aufgabenerfüllung ab. Und hier haben wir auch Trümpfe auszuspielen. Wir sind eine der kostengünstigsten Hochschulen,

nicht nur wegen den angebotenen Disziplinen, sondern auch, weil unser Studium stark strukturiert und leistungsbezogen ist, weil unsere Forschungsinstitute und die Weiterbildung weitgehend selbsttragend sind.

Im Rahmen dieser Positionierung sind wir auch willens, uns für eine verstärkte Arbeitsteilung und Zusammenarbeit einzusetzen und unsere speziellen Vorteile in Lehre und Forschung einzubringen. Freilich darf die Zusammenarbeit nicht in Zentralismus ausmünden. Auch für die Wissenschaft gilt, dass Anreiz für hohe Qualität in Wettbewerb und Konkurrenz liegt; und Aufgabenteilungen sollten nicht durch Aussensteuerungen und Festlegungen von oben aufgezwungen werden. Sonst besteht Gefahr, dass unter dem Druck finanzieller Restriktionen zementierte Strukturen geschaffen werden, die sich auf längere Sicht als unzweckmässig erweisen könnten.

Wie reagieren wir nun nach innen auf den äusseren, insbesondere finanziellen Druck? Drei Postulate stehen im Vordergrund und markieren die Position der HSG: die Sicherstellung der Qualität der Lehre, eine Verstärkung der Forschung sowie die Gewährleistung von Autonomie und Effektivität.

Wenn qualifizierte Forschung und Lehre als strategische Ziele postuliert werden, setzt dies ein bestimmtes Mass an Autonomie voraus. Denn Planung der Forschung ist nur begrenzt möglich. Die Wissenschaft benötigt, neben Wettbewerb und Konkurrenz, auch gewisse Handlungsspielräume, um erfolgreich zu sein. Wir sind uns auch im neuen Rektorat wohl bewusst, dass wir im Vergleich zu andern kantonalen Hochschulen ein beachtliches Mass an Autonomie haben; und dies nicht nur bezogen auf Lehre und Forschung, was gesetzlich verankert ist, sondern auch bei der Selbstführung und der Selbstverantwortung. Diesen Bewegungsspielraum braucht die HSG gerade in Zeiten, in denen rasche und flexible Entscheide gefordert sind.

Zur Forderung nach Autonomie gehört freilich auch die Bereitschaft, adäquate Leistungsbewertungsverfahren zu akzeptieren. Dies erfordert auch Massnahmen zur inneren Anpassung und Erneuerung, was unter den Betroffenen naturgemäss nicht nur Freude auslöst.

So haben wir im Bereich der Lehre und Forschung erste strategische Vorstellungen über eigene Schwerpunkte und über Kooperationsmöglichkeiten mit andern Hochschulen definiert. Wir müssen Wünschbares vom Notwendigen trennen, um die knappen Ressourcen noch besser einsetzen und auf die längerfristigen Ziele ausrichten zu können. Bekannt sind auch die bereits eingeleiteten, ersten Schritte zur Neuorganisation unserer Verwaltung. Dies hat unter anderem zu einer Bündelung der akademischen Dienste unter Leitung einer neu gewählten Akademischen Direktorin geführt. Hier geht es darum, organisatorische und administrative Abläufe zu straffen, zu professionalisieren und auf neue Aufgabenstellungen auszurichten.

Wir werden auch nicht darum herumkommen, im strategisch zentralen Bereich einer jeden Hochschule, der Wahl und Besetzung neuer Professuren nämlich, die traditionellen und teils langwierigen Berufungsverfahren innerhalb unseres Autonomiebereichs zu überdenken, zu qualifizieren und verstärkt auf die Gesamtsicht unserer längerfristigen Hochschulentwicklung und -politik auszurichten. Auch hier gilt es, Effektivität und Effizienz zu verbessern, den autonomen Bewegungsspielraum zu nutzen und so auch zu rechtfertigen.

REGIONALE VERPFLICHTUNG

Es zählt zum Selbstverständnis unserer Hochschule, dass wir uns neben der internationalen und nationalen Herausforderungen auch unserer regionalen Verpflichtung sehr wohl bewusst sind. Die HSG ist nicht einfach eine Hochschule in der Region, sondern bewusst auch Hochschule für diese Region; immerhin studieren derzeit über 700 St. Galler und St. Gallerinnen an unserer universitären Bildungsstätte —jeder sechste Studierende also.

Die regionale Verantwortung manifestiert sich zunächst gegenüber dem Träger unserer Hochschule, dem Kanton St. Gallen. Zwei Aspekte stehen hier im Vordergrund:

Erstens wollen wir der St. Galler Bevölkerung — Bürgern und Steuerzahlern — deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir ihre Bereitschaft, die HSG neben dem Bund finanziell mitzutragen, nicht einfach für eine Selbstverständlichkeit halten. Wir müssen, im eigenen Interesse, klar sehen, dass die zukünftige Entwicklung der HSG, insbesondere die finanzielle, immer mehr von politischen Entscheidungen abhängt, die nicht nur in Bern, sondern hier in St. Gallen gefällt werden.

Dies verpflichtet uns, den Nachweis zu erbringen, dass die investierten Steuermittel auch gute Zinsen abwerfen — materiell und immateriell gesehen. Erlauben Sie mir dazu einige Hinweise:

Im wirtschaftlichen Bereich bietet die HSG einiges, zum Beispiel je rund 100 Arbeitsplätze für Dozenten, Assistenten und Verwaltungsangestellte, die ihrerseits zum überwiegenden Teil in diesem Kanton steuerpflichtig sind und zusammen mit den Studierenden ein Konsumpotential von jährlich über 100 Mio Franken verkörpern.

Wichtiger, wenn auch nicht direkt messbar, sind eine Reihe immaterieller Vorteile, die zur Standortattraktivität von St. Gallen beitragen (etwa das Angebot qualifizierter Arbeitskräfte auch für den lokalen Arbeitsmarkt). Die HSG trägt auch zur Urbanität bei: St. Gallen als Hochschulstadt, als Tagungs- und Konferenzort, HSG-Absolventen als St. Galler «Werbeträger» in weiten Teilen Europas und der Welt.

Dass mit der Institution HSG auch standortgegebene Nachteile verbunden sind, sei nicht verschwiegen (etwa Wohnungsprobleme). Dennoch: In dieser Aussenwirkung liegt wohl eine wichtige Verantwortung der HSG gegenüber ihrer Region.

Zweitens liegt eine ebenso wichtige Verantwortung auch in einer Art Innenwirkung. Bekanntlich ist in der heutigen Gesellschaft generell eine abnehmende Akzeptanz von Wissenschaft und Technik erkennbar. Hier zeichnen sich neue Aufgaben der Hochschulen im allgemeinen ab, nämlich durch adressatengerechten Wissenstransfer und durch entsprechende Dienstleistungsangebote (etwa im Bereich der Weiterbildung) den Graben zwischen

Wissenschaft und Öffentlichkeit abzubauen. Für unsere Hochschule heisst das, vor allem hier, im regionalen Umfeld, im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit noch aktiver zu werden. Und zwar nicht im Sinne von Werbung, sondern im Sinne einer offenen, auf Dialog ausgerichteten Informationspolitik.

Unser Ziel ist es, vermehrt dazu beizutragen, dass die HSG bewusst als aktiver, verantwortungsvoller Teil der Gesellschaft gesehen wird, insbesondere in der St. Galler Öffentlichkeit, die uns anerkennt, unterstützt — aber auch in Pflicht nehmen soll!

Die regionale Verpflichtung der HSG zeigt sich noch auf einer weiteren Ebene, die bisher eher vernachlässigt wurde. Ich meine damit den grenzüberschreitenden Bezugsraum der Euregio Bodensee. Hier sind wachsende Kräfte am Werk — der Kanton St. Gallen gehört federführend dazu —, um diesen Lebensraum von über einer Million Menschen neu zu beleben und seine Rolle im werdenden Europa der Regionen zu definieren.

Für unseren Trägerkanton und die Ostschweiz bietet sich hier die Chance, aus einer oft unbefriedigend empfundenen (helvetischen) Randlage auszubrechen und sich in grenzüberschreitender Zusammenarbeit neu zu positionieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass in diesem Grenzraum erhebliche Zukunftspotentiale schlummern, gleichzeitig aber auch beträchtliche Informationsdefizite über die Chancen und Möglichkeiten bestehen.

Damit diese Region reale Gestalt annimmt, sind die vorhandenen Entwicklungspotentiale besser zu bündeln. Es müssen flexible, funktionsgerechte Netzwerke als neue Form einer dynamischen, grenzüberschreitenden Zusammenarbeit aufgebaut werden, was freilich langwierige Lernprozesse voraussetzt. Vor allem geht es darum, eine eigenständige, regionale Identität als tragfähige Basis zu schaffen. Ansatzpunkte dazu bieten sich in vielfältigen Bereichen: in der Wirtschaft, in den Medien, in der Kultur — und auch in Wissenschaft, Forschung und Bildung. Universitäre Bildungsinstitutionen üben erfahrungsgemäss starken Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung einer Region und ihre Attraktivität als Wirtschaftsstandort aus.

Im Rahmen dieses Entwicklungsprozesses werden wir uns, im Sinne der regionalen Verpflichtung, vermehrt einsetzen und aktiver engagieren. Im Vordergrund steht auch hier ein Wissenstransfer zwischen Theorie und Praxis, ein Technologietransfer in Form der Übermittlung von Managementfähigkeiten, Rechtskenntnissen, Marketing usw. Dazu zählt auch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Hochschulen in dieser Region, insbesondere mit der Universität Konstanz, im Bereich der Bildung und Weiterbildung, um bestehende Ausbildungs- und Informationslücken aufzufüllen.

AUTONOMIE WAHRNEHMEN

Ich habe versucht, anhand ausgewählter Probleme aufzuzeigen, dass heute das hochschulpolitische Umfeld in Bewegung geraten ist: international, national und regional. Wir gehen einer Zeit der Veränderungen und Restriktionen entgegen, die uns, die einzelnen Hochschulen, zur raschen Reaktion, zum Handeln zwingen.

Unsere Hochschule muss freilich nicht bei Null beginnen. Vieles ist — in Lehre, Forschung und Verwaltung — bereits eingeleitet worden; jetzt geht es um Umsetzung und Durchsetzung. In andern Bereichen; etwa im Rahmen der nationalen Hochschulplanung und Forschungsförderung, werden wir klare Position beziehen und unsere speziellen Kompetenzen konstruktiv, aber beharrlich einbringen.

Es ist — zusammenfassend — erklärte Absicht des neuen Rektorates, uns dafür einzusetzen, dass die HSG auch weiterhin eine dynamische Hochschule ist, die sich durch Innovation und Flexibilität auszeichnet, gleichzeitig aber ihre längerfristigen strategischen Absichten wahrt. Wesentliche Ziele sind die Sicherung der Qualität der Lehre und die Verstärkung der Forschung. Dafür wollen wir unsere Autonomie, verstanden als Selbstgestaltung und -verantwortung, wahrnehmen.