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Die Einheit der Wissenschaft

Rektoratsrede von Prof. Carlo Sganzini

Bericht über das Studienjahr 16. Oktober 1940 bis 15. Oktober 1941

erstattet vom abtretenden Rektor Prof. Walter Frey

PAUL HAUPT BERN
Akademische Buchhandlung vorm. Max Drechsel 1941

Die Einheit der Wissenschaft

Es scheint, als ob es im Wortsinne von Wissenschaft läge, dass Wissenschaft nur eine sein könne, dass ein Bestehen mehrerer, verschiedener Wissenschaften als selbständige nebeneinander ein Widersinn wäre, jedenfalls nur Durchgangsstadium sein dürfte. Scharf geprägter wissenschaftlicher Geist hat immer diese Ansicht als eine selbstverständliche vertreten; jedenfalls in Zeiten, wie der modernen seit der Renaissance, in welchen wissenschaftliches Denken und Forschen scharf bestimmte und zugleich unbegrenzt erfolgreiche Gestalt angenommen. Mit Descartes ist es so, als ob ein grundsätzlicher, irgendwie wesentlicher Unterschied auch nicht zwischen Wissenschaft i. e. S. als Physik und Philosophie bestehen könnte und diese Auffassung erhielt sich bis auf unsere Tage in den Kreisen naturwissenschaftlicher, insbesondere mathematisch-physikalischer Forscher. Als Musterwissenschaft erscheint innert solcher Haltung die Mathematik, was das Bestreben anregt, eine jede Wissenschaft, soweit es gelingen kann, der Mathematik anzugleichen. Für Kant fällt Wissenschaft im reinen strengen Sinn mit mathematischer Form zusammen und bleibt ewig beschränkt auf reine Mathematik und auf mathematische Physik. Allerdings ist bei Kant diese Auffassung solidarisch mit dem Bestehen einer nicht Mathematik sein könnenden, aber — im Prinzip — mit der Mathematik an Strenge mathematische Voraussetzungen von Wissenschaft und sonstiger geistiger Aeusserung: Moral, Kunst, behandelnder Transcendentalphilosophie (Kritik der reinen Vernunft, der praktischen Vernunft, der Urteilskraft).

Der Naturalismus, Mathematismus, Positivismus des XIX. Jahrhunderts führte in aller Radikalität das Prinzip von der

Einheit der Wissenschaft in solchem Sinne durch, bei hellsichtigen, denkkritischen Geistern (bei echten Positivisten und Logizisten) allerdings in Verbindung mit dem Gedanken, dass solcher Wissenschaft, also wissenschaftlicher Erkenntnis überhaupt, unüberschreitbare Grenzen gesetzt sind, so also, dass jenseits der Grenzen das Ueber- oder Ausserwissenschaftliche läge, das Gebiet der Intuition als Gegensatz zum Denken, das Feld der Mystik, des Glaubens im Unterschied vom Wissen, also ein dem Wesen nach Irrationales, verstandesmässiger Erfassung und vernünftiger Einsicht sich Entziehendes. Nicht selten paarte sich strengster wissenschaftlicher Geist mit schlicht gläubiger Hingabe.

Jedenfalls war in jener Zeit weitaus herrschende Ansicht, dass es nur eine Art Wissenschaft geben könne, dass die Form der wissenschaftlichen Behandlung unabhängig von dem behandelten Stoffe oder Gebiete sein sollte. Es war die Zeit, in der z. B. der Plan einer durchaus naturwissenschaftlichen Seelenlehre auftauchte, wenn nicht Mathematik, doch wenigstens Experiment im naturwissenschaftlichen Sinne der Weg — und das Bestimmen von Gesetzen das Ziel psychologisch-wissenschäftlicher Forschung war; nicht minder als individuelle Seelenkunde hätten die Erzeugnisse kollektiv seelischen Lebens und das sogenannte Geistesleben mit Geschichte und den geistig-kulturellen Sphären und Gehalten Gegenstand einer methodologisch-naturwissenschaftlichen Forschung sein müssen. — Man denke — neben Spencer — usw. etwa an Taine, Durckheim und überhaupt an die französischen Soziologen. Zu Anfang unseres Jahrhunderts, vor allem in den Jahren nach dem Weltkrieg, gewann, hauptsächlich im deutschsprachigen Gebiet, auch in Italien (Croce, Gentile) eine Bewegung an Stärke, die dazu führte, von zwei wesensverschiedenen psychologischen Wissenschaften zu sprechen, einer naturwissenschaftlich-physiologischen und einer geisteswissenschaftlichen Psychologie (Ed. Sprangers Akademieschrift: "Die Frage nach der Einheit der Psychologie". Bericht der Berliner Akad. XXIV. 1925) und von einer eigenartig geprägten zweiten Wissenschaftsform neben Naturwissenschaft überhaupt zu reden, die den Namen Geisteswissenschaft erhielt.

Kants Idee der Philosophie, als Kritik, hatte bekanntlich, trotz vieler Verheissung, keinen allgemeinen und dauerhaften Erfolg und ebenso die vielen Versuche, neue Wege zu dem Ziel ausfindig zu machen, die mannigfaltigen Formen des Neukantianismus, Scheler und insbesondere der letzte gewissenhaft gründliche Versuch, die Phänomenologie Edmund Husserls, die gerade deswegen von auszeichnendem Interesse ist, weil in ihr der Versuch selbst auf dem Wege scheitert, oder nach gewaltiger Anstrengung im Ergebnislosen ausmündet. Das gleiche gilt von den nicht minder geistvollen Bemühungen des Engländer Whitehead, welcher seinen Ausgangspunkt von Mathematik und mathematischer Physik genommen hat und tiefstens die wesensmässige Unzulänglichkeit dieser Art Wissenschaft empfunden hat.

Kennzeichnung der heutigen Problemlage ist nun der zweifache Umstand:

1. Der früher für selbstverständlich gehaltene Gedanke, dass Mathematik und Physik endgültig die Form der einen, allgemeinen Wissenschaft darstellen könnten, kann nicht mehr voll überzeugen; diese Form Wissenschaft lässt wissenschaftliches Gewissen in einem wesentlichen Punkte unbefriedigt.

2. Die Lösung, dass es zwei sinnwesentlich verschiedene Grundarten von Wissenschaft geben könne, Natur- und Geisteswissenschaft, befriedigt noch viel weniger und verstösst gegen eine Grundforderung, die einfach im Sinne des wissenschaftlichen Wissens liegt.

Also weder naturwissenschaftlich-mathematischer Monismus, noch Dualismus. Die Einheitsforderung scheint wahrhaft im ursprünglichen, wesenbegründeten Sinne von Wissenschaft zu liegen, so dass Wissenschaftlichkeit damit steht und fällt, also mit Preisgabe prinzipieller Einheit der Sinn von Wissenschaft in sich zerfällt.

Der erste der zwei angeführten Umstände ist unter anderem die Folge dessen, was man schlagwortartig in Kürze die Krisis der physikalischen Erkenntnis nennt, die kernhafte Erschütterung des wunderbar geschlossenen Gebäudes der klassischen Physik, Ende des XIX. Jahrhunderts, durch Relativistik

zunächst und dann in ganz entscheidender Weise durch Quantistik und allgemein Mikrophysik, seit den 20er Jahren unseres Jahrhunderts. An die Stelle der Geschlossenheit hat jedenfalls allseitige, gründliche Offenheit — und was zur Hauptsache in grundsätzlicher Ansicht gehört, der Standpunkt der klassischen Physik oder Mechanik degradiert sich zum besonderen Fall innerhalb eines unendlich weiter greifenden Horizontes.

Die Einheit als Geschlossenheit scheint heute auf jedem Gebiet, vielleicht sogar auf dem der Mathematik preisgegeben werden zu müssen; unendliche, nicht begrenzbare Offenheit und ständige Fragwürdigkeit im einzelnen scheint Wesenszug jedenfalls der Wirklichkeitswissenschaften zu werden; anderseits aber tritt immer entschiedener hervor die innere, vom Mittelpunkt ausgehende wesensmässige oder qualitative Einheit, und zwar, was das eindrücklich Neue und besonders Auffällige ist, eröffnen sich in wachsendem Masse, gerade was die jüngsten Bezirke der physikalischen Forschung betrifft, Ausblicke auf eine reale Struktureinheitlichkeit des Wirklichen, unerachtet des Gebietes, sogenannte Materie oder Geist, an die man bis vor kurzem kaum zu denken gewagt hätte. Wie noch auszuführen sein wird, ist das allerdings ausgesprochenermassen die Art Einheit, welche Uebereinstimmung in formaler Hinsicht, bei grösster, reichhaltigster Mannigfaltigkeit der konkreten Darstellungen, bedeutet.

Die überlieferte, die allgemein umgängliche Auffassung von der Einheit der Wissenschaft, jene welche zur Dualität von Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft geführt und fast unvermeidlich die Statuierung eines Irrationalen neben dem Rationalen gefordert hatte, wird durch die im Vollzug befindlichen Umstellungen gründlich in Frage gestellt, jedoch so, dass der grundsätzlichen Idee einer Einheit der Wissenschaft neue, tiefere, tragfähigere Stütze verliehen wird, und zwar in solcher Bedeutung, dass jeder schroffe Dualismus, jedenfalls derjenige von Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft, vielleicht sogar der von Wissenschaft im engeren Sinne und Philosophie hinwegfällt und aller grundsätzlichen Veranlassung der Grund entzogen wird, von Irrationalem neben dem Rationalfassbaren

zu sprechen, und zwar in der Weise, dass keinem Wirklichkeits- oder Erlebnisbereich Gewalt angetan wird.

Kurz gesagt — weitläufige Ausführungen muss ich hier vermeiden — während dem klassischen, dem überlieferten Begriff von Einheit der Wissenschaft stillschweigend der formallogische Massstab — seit den Griechen — zugrunde lag, der Massstab, welcher seine absolut scharfe Formulierung nur in der strengen, starren, statischen Identität haben kann (dies der Massstab aller denkmässigen Einheit) stützt sich die neue, die anbrechende Einheitsauffassung auf die Massstäblichkeit, zu welcher die Betrachtung jedenfalls der menschlichen handlungsmässigen Wirklichkeit, als Verhalten geführt hat. Es hat damit nämlich die sehr wichtige grundsätzliche Bewandtnis dass der als Identitätszusammenhang formal zu definierende logische Massstab, wie übrigens alles, was sonst Menschheit zur Massstäblichkeit in irgend welchem Sinne erhoben hat, sich in aller folgerichtigen Klarheit erweist als eine Sekundärderivation jener, jedenfalls dem Verhalten zugrundeliegenden Massstäblichkeit; Sekundärderivation, die aus dem Zusammenhang mit einer bestimmten besonderen Form von Verhalten vollauf verständlich, ja als notwenig einsichtig wird. — Der denkende Mensch hat seit den Griechen eine derivierte, sekundäre Massstäblichkeit — die formallogische des Identitätszusammenhanges oder des Widerspruchsausschlusses, welche mit einer bestimmten, besonderen Form des Verhaltens steht und fällt, für die Massstäblichkeit überhaupt gehalten, für absolute Norm. (Zu beachten ist allerdings, dass jener formallogische Massstab einen sehr engen wesentlichen Zusammenhang mit dem Absoluten, dem konkreten Massstab hat; er betrifft, was die Verhaltensform angeht, mit der er zusammenhängt, einen rein ideellen, faktisch ganz und gar in konkrete unerreichbaren Grenzfall, etwas also in gewisser Hinsicht Transcendentes — wie der absolute Massstab transcendent ist — und spielt neben seinen tatsächlichen Anwendungen im bezüglichen Verhalten die Rolle als symbolisch-formale, diskursive Darstellung des absoluten Massstabes, was die erwähnte Täuschung ohne weiteres begreiflich macht.)

Nebenbei bemerkt: Protesthaltung gegen den übersteigerten Missbrauch des formallogischen Massstabes hat es in der Philosophie,

auch abgesehen von Intuitionismus und Irrationalismus, oft gegeben; die grossartigste und am besten begründete, wenn auch zufolge einer radikalen Unzulänglichkeit nicht befriedigende, ist die Hegelsche Dialektik, die wir heute erst wahrhaft zu verstehen und zu würdigen beginnen von den sich eröffnenden Perspektiven aus. Beachtenswert in einiger Hinsicht, einwandfreier als die hegelsche, ist insofern die Denkhaltung des Italieners Giambattista Vico, welcher bekanntlich schon zwei Jahrhunderte vor Benedetto Croce, im Zeitalter siegreicher mathematisch-physikalischer Erkenntnisform, die Behauptung gewagt hatte, dass nur Geschichte — als Selbsterkenntnis des Menschen — wahrhaft wissenschaftliche Erkenntnis sein könne.

Der Dualismus: Naturwissenschaft-Geisteswissenschaft, ist eben am schwersten zu ertragen und immer dann, wenn das Denken unerschrocken zu letzten Folgerungen schreitet, kommt ein Monismus heraus: entweder ist Mathematik-Naturwissenschaft = Wissenschaft und Menschenkunde, also Geschichte mögen sehen, wie es ihnen gelingen könne, wissenschaftliche Gestalt und Geltung zu beanspruchen — vermutlich wird ihr Wissenschaftscharakter ewig fragwürdig bleiben — oder (Vico, Hegel, Croce) es kann keine andere wissenschaftliche Wirklichkeitserkenntnis geben als die geschichtliche. Mathematik-Naturwissenschaft (als Physik) haben mit wirklicher Welt nichts zu tun und sind, genau gesehen, überhaupt nicht Erkenntnis (dies die Ansicht Croces), sondern praktisch-utilitaristisches, im Grunde nur mittelbeschaffendes Tun oder symbolisierende Vorstufe zu wahrhafter Erkenntnis.

Diese einander widersprechenden Haltungen könnten am Ende vielleicht Folgen grundsätzlich verengter Perspektive sein. Beschränktheit des Gesichtskreises ist ja offenbar durchgängiger Wesenszug wirklichen, üblichen Verhaltens des Menschen, auch jenes Tätigseins, welches gemeinhin zu Erkenntnis führt; und Erkenntnisfortschritt, jedenfalls allgemeiner und durchgreifender, ist veränderter, und zwar erweiterter Perspektive zu verdanken. Beispiel: der Uebergang vom ptolemäischen oder vom geozentrischen zum heliozentrischen System — und dann — im Prinzip — zur willkürlichen, beliebigen Wahl des Mittelpunktes. Die heutige Mikrophysik stellt eine gewaltige und in ihren Folgen

noch nicht zu übersehende Blickausweitung gegen das vorher schwellenartig verschlossene — perspektivistisch — sogenannte Unendlich-Kleine. Die grösste, folgenreichste und natürlich schwierigste Weise der Blickausdehnung wäre offenbar die nicht nach aussen, der Peripherie zu, sondern nach Innen, gegen den Mittelpunkt erfolgende, die prinzipiell die möglichen Blickpunkte und allgemein den Blickpunkt überhaupt zu fassen vermöchte.

Menschenkunde und ihre einzelnen Forschungsaufgaben, z. B. gerade Erkenntnistheorie und Wissenschaftslehre setzen diese Möglichkeit der Blickausdehnung nach dem Mittelpunkte (des Sehens, des Denkens) voraus. Erkenntnistheorie, wie übrigens auch Ethik, steht und fällt mit der Möglichkeit — prinzipiell — das, was Blick und Beachtungsmittelpunkt, natürlich auch Bewertungsmittelpunkt ist, von einem höchsten und selbst objektivierbaren, d. h. denkmässig gangbaren Sehpunkte aus zu erfassen.

Etwas davon, soweit es eben in die Sphäre menschlicher Möglichkeit fallen kann, bietet die Art reflexiver Schau, die wir heute als Theorie von Verhalten überhaupt pflegen (Erkennen, Forschen, Wissenschaft treiben ist ja Verhalten und hat in sich alles, was formal-wesentlich überhaupt zu Verhalten gehört). Verhalten setzt unter allen Umständen, gleich was es für ein Verhalten ist, praktisches oder theoretisches, einen Mittelpunkt voraus, um den es zentriert ist und von dem es letzthin seinen Halt und Sinn erhält, welcher Mittelpunkt natürlich in der Regel hinter dem Verhalten, als dessen tragender Grund, und ganz und gar nicht im Verhalten selbst liegt. Der Mittelpunkt ist jedenfalls wichtigste Angelegenheit einer Lehre vom Verhalten. Gewöhnlich lebt man im Verhalten drin; Reflexion ist Verhalten, das zugleich über das Verhalten emporhebt, eine sehr mühsame, anstrengende, aber nicht unmögliche Haltung innert der Schranken wissenschaftlicher Möglichkeit.

Die überlieferte, die klassische Auffassung von der Einheit der Wissenschaft, von der wir ausgingen und die nicht schwer zu erweisen ist als Folge enger Perspektive und nur minimaler Kraft der Rückbesinnung, spielt sich innert einer bestimmten,

besonderen Verhaltensform ab, arbeitet mit Werkzeugen, die sich daraus ergeben, damit stehen und fallen, aber hat ganz und gar nicht im Blicke die Struktur von Verhalten als solchem. Es ist die Haltung, welche Naturphänomene, raumzeitliche Ereignisse und logisch-denkmässige Verknüpfungen im wesentlichen also kausale und logische Beziehungen im Blicke hat, diese, als letzte, als ursprüngliche Grenzen für das Denken ansieht; insofern sie völlig verkennt, dass sie mit bestimmten, besonderen Formen von Verhalten solidarisch sind, folglich ihren Ursprung oder den Grund, von dem sie herkünftig sind, in der Struktur von Verhalten überhaupt haben. Das hat die Folge, dass Bedingungen, bzw. Anforderungen, die Verhalten als solchem und im ganzen zukommen, derart sind möglicherweise alle rein massstäblich-ideelle Anforderungen: Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit, Heiligkeit, sittliche Güte, — auf die verbesonderte Form des Verhaltens bezieht, sie innert derselben für realisierbar hält und sich so, wie die Denkgeschichte in aller Eindrücklichkeit zeigt, in ein Knäuel unlösbarer Schwierigkeiten verwickelt. Die Philosophie, in ihrer traditionellen, historisch vorliegenden Form, könnte im Grunde, möglicherweise, was ihr inhaltliches Aussehen betrifft, die Folge dieses Umstandes sein. Jedenfalls die Tatsache, dass sich Philosophiegeschichte auf allen Gebieten zunächst in gegensätzlichen Standpunkten bewegt: aposteriori, apriori, Rationalismus-Empirismus, Idealismus-Realismus, Intellektualismus-Voluntarismus, Determinismus-Indeterminismus usf. ist von dem betreffenden Umstande aus unschwer begreiflich zu machen.

Der Frage nach der Wissenschaftseinheit muss, wenn wahrhaft grundsätzliche Klärung in bezug auf dieselbe erlangt werden soll, nicht, wie meist bisher geschah, die logische Struktur als abstrakte, wie im Mathematismus und Physikalismus oder als konkrete, wie im Historismus, zugrunde gelegt werden, das führt zu keinem Ziel, sondern die Struktur von Verhalten überhaupt, die wir Grund haben als schlechterdings fundamentale Struktur anzusehen. Logik, Mathematik und Physik, wie alles, was mit Menschenkunde zu tun hat, lassen sich hieraus herleiten und in ihrer Besonderheit begreifen.

Wir sprechen von Verhalten, weil die gegenwärtige Psychologie

— als im wesentlichen Lehre des menschlichen Verhaltens — eine Zentrierung in Verhalten als Kernbegriff veranlasst hat.

Das entscheidende Erkenntnisergebnis war jedoch in diesem Zusammenhang die von selbst geschehende Feststellung, dass jenes, was als Struktur von Verhalten, als Aufbauform der Handlung erkannt worden war, die ganz universale, die grundlegende Aufbauform oder Gliederung von Geschehen überhaupt darstellt ja in streng grundsätzlicher Hinsicht, von Sein und Geschehen. Es hat sich erwiesen, dass als Verhalten, Handlung gerade beim bewussten Menschen — grundsätzlich gesehen — nur zur Vollentfaltung kommt, was immer sich abspielt, wenn in der Wirklichkeit wahrhaft, konkret etwas geschieht. Verhalten, Handlung also nicht etwas gänzlich Neues, sondern eben, wie gesagt, volle Ausgliederung dessen, was wirkliches Geschehen in der Welt überhaupt konstituiert.

Ich kann hier — aus Zeitmangel — nur beiläufig erwähnen, dass die vielleicht passendste Bezeichnung für die Geschehensstruktur überhaupt die von Rhythmus im ganz allgemeinen grundsätzlich formalen Sinne ist. Rhythmus in solcher Fassung ist die Form aller überhaupt möglichen Handlung. Rhythmus ist ganz offensichtlich die Gestalt mikrophysischen Geschehens mit Photonen wie mit sonstigen vermeintlich materiellen Einheiten und Rhythmus ist der Sinn von Energie (und von Materie), rhythmische Gliederung der Sinn von physikalischer Wirkung und das in unmittelbarer irdischer Umgebung des Menschen, was nicht rhythmische, sondern lineare Gestalt zu haben scheint (man denke als klassischen, massstäblichen Fall, an das Trägheitsgesetz und an die zugehörige geradlinig gleichförmige Bewegung) ist — genau gesehen — etwas, was nur aus Rhythmik verständlich sein kann; und insbesondere etwas, was die bestimmte, besondere Form des Verhaltens, von der wir sprachen, es ist das die technisch-ökonomische und in Folge davon die mathematisch-naturwissenschaftliche Erkenntnisform, vom Rhythmischen ins Lineare übersetzt, um es zum Gegenstand allseitiger, im Prinzip restloser Beherrschung zu machen. (Rhythmus, echter, entzieht sich aller Beherrschung, im Rhythmisieren

ist Einigung, Vereinigung, Zusammenklang am Platz, nicht Beherrschung.)

Es ist nun nicht schwer zu verstehen, dass die Idee der Einheit der Wissenschaft hierdurch eine Neubekräftigung erfährt, und zwar so, dass allem Dualismus der Boden entzogen wird, den widerstreitenden Standpunkten ihr teilweises Recht zuerkannt wird, keinem Gewalt angetan zu werden braucht, unter begründeter, geklärter Aufrechterhaltung der einfach im natürlichen logischen Gewissen liegenden Idee und idealen Forderung nach Einheit der Wissenschaft.

"Einheit der Wissenschaft" erhält jedoch einen anderen, einen vertiefteren Sinn als bisher, einen kritisch geläuterten und geschärften Sinn. Es handelt sich jetzt, ganz entsprechend der wirklichen Forschung, um einen in keiner Weise starren, statischen, sondern um einen sozusagen dynamischen, elastischen Sinn, um Einheit mit unbegrenztem Spielraum der Abwandlung und der freien Bewegung. Der Massstab für die Einheit liegt nicht mehr in der formallogischen Identitätsbeziehung, welcher erkenntnishaltige Wissenschaft, wie das bisher am schärfsten Emile Meyerson mit seinem verblüffenden paradoxe épistémologique erkannt hat, nur entsprechen konnte unter Inkaufnahme bei ganz folgerichtiger Haltung eines radikalen Erkenntnisnihilismus, also Verzicht auf alle Inhaltlichkeit. Es bestand eben bei dem überlieferten Einheitsmassstab oder Einheitsbegriff die merkwürdige, sinnwidrige Tatsache, dass Wissenschaft nur in dem Masse fruchtbar sein konnte, als sie vom Massstab abrückte (eben der paradoxe épistémologique von Meyerson). Dies, abgesehen von der Schwierigkeit, ja Unmöglichkeit, Biologie und dann insbesondere Seelenkunde und konkret-inhaltliche Menschenkunde, wie etwa Geschichte, unter den gleichen Wissenschaftssinn zu bringen wie Mathematik und Physik.

Der Massstab, welcher, dank erweiterter Perspektive, in grundsätzlich weit befriedigender Weise die Einheit der Wissenschaft begründet, ist jener ursprüngliche Massstab, von dem der formallogische Massstab sich herleitet, als ideale Grenzsetzung, die bestimmte instrumentale Funktion zu erfüllen und den wahren Massstab diskursiv zu vertreten hat, jenen Massstab, der einzig zur Anwendung kommen kann, wenn irgendwie produktive Leistung

zu bemessen ist. Produktive Leistung, sei sie theoretisch oder praktisch, real oder idee!!, z. B. künstlerisch, besteht immer darin, Idee, Plan oder, wie wir sagen, Antizipation, Vorwegnahme zur Verwirklichung zu bringen, wobei der Wert der Leistung sich grundsätzlich und allgemein nach dem Grade der konkreten Verwirklichung bestimmt, im besonderen Falle nach der Uebereinstimmung zwischen Vorwegnahme und Verwirklichung, wobei allerdings — in absoluter Hinsicht — das Niveau der Vorwegnahme in Betracht fällt. Der formallogische Massstab, die dem logischen Identitätssatz entsprechende Identitätsbeziehung ist nichts anderes als prinzipielle, abstrakte, formale, d. h. total inhaltslehre Uebereinstimmung und so natürlich Deckung zwischen Antizipation und Verwirklichung. Der Identitätssatz bedeutet Absehen von jedem Leistungsinhalt, Beschränkung auf die formale Forderung. Selbstverständlich ist der Satz in dieser Form ganz unerfüllbar, ja gänzlich sinnlos. Er setzt Verwirklichung gleich Null voraus, wahrend im Vollkommenheitsfall, den er abstrakt-symbolisch vertritt, die Verwirklichung, d. h. die Inhaltserfüllung der Vorwegnahme qualitativ-unendlich ist, die Beziehung nicht statisch-leer, sondern, in qualitativer Bedeutung, dynamisch und voll ist. Der logische Identitätssatz ist konkret und voll nur in einem absolut-schöpferischen Akt erfüllt. Ihn so erfüllen kann aber nur Gott, nicht der Mensch. Der schöpferische Akt hat immer, genau gesehen, rhythmische Gestalt, denn jede Schöpfung ist bestimmt, Grundlage neuen Planens, neuen Zwecks, neuer Verwirklichung zu sein.

Echte Verwirklichung kann allerdings nur Sache der Tat und nicht der Erkenntnis sein. Gegenstand aller Erkenntnis ist aber schliesslich doch die Tat, die rein ideelle, praktisch menschlich-unmögliche Tat, in den sogenannten exakten Wissenschaften, voran Mathematik. Diese und die mathematischen Anwendungswissenschaften finden allerdings zugleich, gerade dank der statischen Massstäblichkeit praktische Anwendung als gedankliche Antizipation, Vorwegnahme, Planung technisch-ökonomischen Handelns, d. h. jener menschlichen Handlung, die Verwirklichung auf das äusserste Minimum beschränkt und darin besteht, schon vorhandene Weltdinge und Prozesse, so wie sie sind,

zu verwenden, die Wirksamkeit der Natur im Prinzip ganz für menschliche Wirksamkeit einsetzt. Praktisch sicherlich die weitaus wichtigste Form der Handlung, eine Form der Handlung aber, die von Vollkommenheit unendlich absticht. Insofern die qualitative Ueberlegenheit künstlerischer Tat, die wenigstens potentiell-symbolisch Verwirklichung, also Schöpfertum ist, und nicht unter logisch-mathematische Kategorien fällt; nicht Gegenstand mathematisch-physikalischer Erkenntnis sein kann, aber auch nicht wesensmässig irrational zu sein braucht, die sehr wohl Erkenntnisgegenstand, also Wissenschaftsfeld sein kann, wie alles was menschliche Seelenäusserung und geistige Leistung ist, jedoch nicht Erkenntnis, die unter dem formallogischen Identitätsmassstab steht, sondern im Prinzip auf den ursprünglichen, wahrhaft universalen Massstab zurückgeht, von dem dieser hergeleitet ist; nicht Verwirklichung ausschliesst, sondern nach dem Grade der Verwirklichung bemisst. Mathematik und Naturwissenschaft sind ja selbst solche menschlich-geistige Aeusserung, die für den Menschen schon einen Erkenntnisgegenstand, als Objekt kritischer Reflexion bilden (Erkenntnistheorie, Wissenschaftstheorie, allgemeine Wissenschaft vom menschlichen Geist). Dabei ist aber offenbar nicht derselbe Massstab zu verwenden, nach dem sich diese Einzelwissenschaften selbst richten, das würde in einen heillosen Zirkel verstricken, wie positivistisch-psychologistische Versuche eindrücklich genug zeigen; sie verlangen unausweichlich den Rückgang zum ursprünglichen und vollem Massstab.

Nur in diesem Massstab kann Einheit der Wissenschaft letzthin begründet sein, in demselben Massstab also, in dem Einheit von Leben und Handlung sich gründet. Wie schon angedeutet, ist dieser Massstab unendlich elastisch, so dass er erheblich untereinander nach Voraussetzungen und Vorgehen verschiedene Erkenntnisweisen und Gebiete in seinem Rahmen fassen kann. Er ist in Reinheit absoluter Massstab, der folglich gerade im Unterschied vom starren formallogischen Massstab die Verwendung relativer, allerdings als relativ erkannter Massstäbe zulässt, da er zur Folge hat, das Erkennen in Wissenschaft und Philosophie als menschlich allzumenschliche Angelegenheit zu sehen.

Diese grundsätzliche und sozusagen unendliche Perspektiveerweiterung

hat eben eine Folge, die zunächst schmerzlich herabstimmend wirken muss; zertrümmert sie manchen göttlichen Wahn, in dem der geistige Mensch lebt (durch Schärfung des Bewusstsein von Massstäblichkeit und Aufdeckung der vielen täuschenden Vermengungen von Massstab und Wirklichkeit); darunter jedenfalls jenen Wahn, der in Logik und Wissenschaft, im rationalen menschlichen Denken ein übermenschlich Vollkommenes sah, zu dem sich der geistige Mensch emporarbeiten konnte. (Auch in Kreisen von exakten Wissenschaftlern breitet sich heute das Bewusstsein aus, dass exakte Wissenschaft, so unbestreitbar rein ihre Haltung und Leistung, zum spezifisch Menschlichen, wenn auch zum allgemein Menschlichen gehört.) Wir drücken das aus, indem wir sagen, dass solche Leistung noch in unendlich weitem Abstande vom Massstab überhaupt liegt, welchen Massstab sie so nur als leere Möglichkeit symbolisch vorrepresentiert und Leistungen zugrundeliegt, die nicht in der Wirklichkeit, sondern nur im Felde ersetzender Möglichkeit sich abspielen. Geist im menschlichen Sinne — sein, heisst nämlich sich statt in der Wirklichkeit, ersatzweise in der Möglichkeit verhalten, in einer Möglichkeit allerdings, welche unendlich die sinnliche Wirklichkeit übersteigen kann. Möglichkeit, weil sie es nur mit Vorwegnahme, unter Verzicht auf Verwirklichung, zu tun hat.

Die Forderung: Einheit der Wissenschaft hat zwei, allerdings zusammengehörige Bedeutungen: 1. Wissenschaft ist letzthin nur eine, oder die Wissenschaften hängen im Grunde, trotz aller Stoffverschiedenheit einheitlich zusammen. 2. Alle Wissenschaften sollen schliesslich, im idealen Grenzfall, zu einer einzigen Erkenntnis führen. Das Endergebnis aller wissenschaftlichen Forschung ist, dem Wesen nach, sozusagen ein einheitlicher Begriff (eine einzige Einsicht), cum grano salis verstanden.

Das ist im Prinzip richtig, doch müssen dabei Wirklichkeit und Massstab, also rein ideelle Forderung, auseinander gehalten werden; d. h. die wirkliche menschlich forschende Wissenschaft, die kann zu einem Endziele nicht gelangen, sie wird der ideellen Forderung nie genügen können. Die Erfüllung der ideellen Forderung nämlich müsste eine gründliche und wesentliche Wandlung im Erkenntnisfeld bewirken. Das will heissen: wirkliche

Wissenschaft, selbst in ihren formal vollkommensten Formen, wie formale Logik, etwa Logistik, Mathematik, kann wesensmässig nicht zum Abschluss kommen, Vollendung erreichen; sie muss ewig etwas Unvollkommenes, Unabgeschlossenes und Unabschliessbares bleiben, von der Erfüllung der ideellen Forderung, die sie leitet, unendlich fern stehen. Sie bleibt, trotz höchst ideeller Gestalt, etwas Menschlich-Allzumenschliches. Genauer: die Wissenschaft ist nicht etwas Endgültiges, vollkommen Selbstwertiges, Insichruhendes. So sonderbar das erscheinen mag, wir müssen bei voraussetzungsfreier, gründlicher Reflexion zum Schlusse kommen, dass Wissenschaft in allen ihren Gestalten nicht originär ist, nicht etwas was Selbstwert oder Endwert im absoluten Sinne sein kann, sondern vorläufiger vorläufiger Ersatz für etwas, das sie wesensmässig übergreift, symbollische Vorrepresentation; Darstellung von etwas, das menschlich-endliche Sphäre nicht erreichen kann. Das hat sie übrigens mit Kunst, mit Geisteserzeugnissen überhaupt gemeinsam. Sie alle haben wesensmässig symbolisch-vorwegnehmende Funktion.

Der Ersatzcharakter und die wesensmässige Unabschliessbarkeit hängen bei Wissenschaft, ausgesprochener als bei Kunst, mit ihrer Bindung an vorhandene Wirklichkeit zusammen, die natürlich sehr verschiedenen Grad, je nach der Wissenschaftsart hat, z. B. minimal in Mathematik und in Philosophie, insbesondere in Logik und sogenannte Metaphysik und auch schon Wertlehre. Die Bindung der Wissenschaft an Wirklichkeit ist, wie sich auf Schritt und Tritt zeigt, eine durchwegs problematische und nirgends so zu denken, als ob Wissenschaft, vulgärer Meinung entsprechend, nur bewusstseinsmässige, gedankliche Abbildung eines an sich Wirklichen wäre. Wissenschaft, auch Tatsachenwissenschaft, ist in einem und demselben Zuge, so sonderbar es klingen mag, Rücksichtnahme auf vorhandene Wirklichkeit und Ueberwindung von Wirklichkeit als schon vorhandener. Wissenschaftliches Erkennen ist in irgendeinem Masse unvermeidliche Idealisierung des schon Vorhandenen, Stilisierung, Schematisierung, z. B. gerade dann, wenn sie darauf ausgeht Gesetze zu bestimmen.

Der Idealsinn, der rein forderungsmässige Sinn von Wissenschaft ist nicht getreue Abbildung, Spiegelung, sondern Hebung

in eine höhere oder höchste Sphäre, eben Idealisierung. Wissenschaft ist geistiges Verhalten und damit symbolisierende Vorwegnahme des höchsten, des übermenschlichen, meinetwegen des göttlichen Verhaltens. Jedenfalls hat wissenschaftliches Forschen, Denken, beim geistigen Menschen inbezug auf das Verhalten überhaupt, also hinsichtlich der Tat, Vorwegnahmefunktion, Antizipation dessen, was Ursprung und Grund der Tat, und zwar im Höchstfalle schöpferischer Tat. Antizipation, welche für Tat unter allen Umständen gültig und wirksam sein sollte. Menschheit treibt Wissenschaft, um zum Ziele zu gelangen, das ihr Ziel überhaupt von vornherein und ewig ist, nämlich zu einer Tatvorwegnahme zu gelangen, die unter allen Umständen gültig und wirksam, d. h. uneingeschränkt sichernd ist. Es soll dadurch dem Leben im allgemeinen vollkommen sicherer Grund gegeben werden. Das vermag nun bekanntlich keine wirkliche menschliche Wissenschaft zu vollbringen.

Diese letzte Art Vorwegnahme wäre offenbar nicht mehr die Möglichkeit der Voraussicht, etwa als Vorberechnung einer von ihr unabhängigen Welt, die heute gerade positivistische Denker als die Wesensaufgabe von Wissenschaft, insbesondere praktischer Mathematik und Naturwissenschaft betrachten. Keine Voraussicht kann vollkommene Sicherheit geben. Der Laplacesche Idealbegriff von Naturwissenschaft, wie sie dem Weltgeist zustände, als mathematische Vor- oder Nachberechnung von Vergangenheit und Zukunft ohne Grenze erweist sich heute klar als Ausdruck einer naiv-rationalistischen und horizontbeschränkten Haltung, die ins Absolute erhebt, was nur menschlich-relatIv und überhaupt nicht absolut vervollkommnungsfähig ist. Voraussicht, ein antinomisches Zwischending zwischen Verwirklichung und Abbildung, ist nur — immer problematisch bleibende — Rüchsichtnahme auf vorhandene Wirklichkeit. Vollendet einheitliche Vorwegnahme kann nur Grund urschöpferischer Tat sein, die nicht voraussieht, wie — von ihr unabhängige Wirklichkeit ist — sondern bestimmt, wie Wirklichkeit forderungsgemäss überhaupt sein soll. Etwas in endlich-menschlicher Hinsicht absolut Unerreichbares, welches

dennoch das ist, was der Wissenschaft endschliesslich Sinn, Grund und idealen Antrieb verleiht; jenes offenbar, was einzig dem Prinzip von der Einheit der Wissenschaft unerschütterliche Geltung gibt, aber nur unmissverständlich und eindeutig gefasst werden kann, wenn man in bezug auf Wissenschaft, wie in bezug auf Verhalten überhaupt, ja in bezug auf Welt, Wirklichkeit und Massstab auseinanderhält, zur Einsicht kommt, dass menschliche Wissenschaft auf das Massstäbliche hin Richtung nimmt, nehmen muss, aber in ihren verwirklichten Gestalten, so hoch diese auch stehen, immer noch unendlich weit davon. entfernt ist; für das, was ihr Sinn gibt, nur representativen, symbolisierend-darstellenden Ersatz bietet.

Vollkommene Erkenntnis der Wirklichkeit oder der Welt wäre nicht Betrachtung eines Vorhandenen, das ist eben Ansicht, die grober Vermengung von Wirklichkeit und Massstab entspringt, sondern würde radikale Ueberwindung, oder, was das gleiche ist, schöpferische Umgestaltung derselben bedeuten. Carlo Sganzini.